Die wenigen meiner Indizien (eigene und die fremder Analysen), die in der Vergangenheit eine hohe Trefferquote aufwiesen, zeigen alle nach Norden. Mit „nachhaltig“ meine ich mehr als ein Strohfeuer von 3 Tagen. Es sollte zumindest eine volle Handelswoche sein. Dann schaue ich weiter.
1. Die Commercial Traders im Nasdaq 100, die in der Vergangenheit eine Trefferquote von 80% aufwiesen, sind schon am letzten Dienstag heftig long gegangen (Freitag abend veröffentlichtes Chart von Jason Goepfert beigefügt). Das Drüberfahren mit dem Fadenkreuz zeigt, wie gut sie immer waren. Natürlich wissen wir noch nicht, was sie in dem Rutsch am Donnerstag und Freitag gemacht haben, denn die Daten werden immer nur zum Stichtag Dienstag berichtet. Aber wie ich die Handlungsweise dieser erfolgreichen Trader einschätze, haben sie die Panik der beiden letzten Tage zu massiven Käufen genutzt. Mal nächste Woche nachschauen, ob das gestimmt hat.
2. Börsentigers im Backtest am besten bewährte Indikatoren zeigen ein Zwischentief an. Das Ensemble meiner eigenen etwa 20 Indikatoren, die ich ebenfalls nach Trefferquote in der Vergangenheit gewichtet und zu einer zusammenfassenden Kennzahl summiert habe, zeigt ebenfalls immer noch nach Norden. In den echten Geldbewegungen zeigte sich am Donnerstag und Freitag der größte zu beobachtende Ausverkauf mit einer großen subjektivn Sicherheit der Geldbeweger, dass es einstweilen nur nach noch unten gehen könne. Stärker ist der Oszillator von Käufen und Verkäufen bisher selten gefallen. Dieser so exakt wie möglich gemessene Ausverkauf, dessen Dokumentation auf meinen jahrelangen Beobachtungen basiert, ist für „Contrarians“ wie Börsentiger und mich die Stunde antizyklisch erfolgreicher Käufe. (Siehe aber die einschränkenden Bedenken zu meinem Indikator unten am Schluss dieses Artikels.)
3. Die Beta Faktoren von Moving Markets, an denen ich mich immer orientiere, zeigten in den angsterregenden Abschwung vom Freitag hinein Käufe von Trendsettern, Käufe von Spekulativen und ein Zurückfahren von Sicherheitsinvestments. Kurzfristig ist das sehr bullisch. Ich zitiere die im Abobereich viertelstündlich fortgeschriebenen Aufzeichungen Gert Schmidts :
4. Nach einem Schreckenstag bildete das Tageschart des S&P Future am Freitag einen bullischen „Hammer“. Daytrader werden durch eine solche Formation angezogen so wie Motten durch das Licht. Das könnte mit einem Short Squeeze die Initialzündung zu einer nachhaltigen Rally (d. h. einer von >= 5 Handelstagen) bieten.
Auch in der Summe der meisten anderen meiner 20 Rubriken ist noch grünes Licht, so dass die von meiner Methodik leider nicht antizipierten letzten beiden Paniktage Kauftage gewesen sein müßten. Jetzt immer nur 20% (und nicht wie früher 40%) Irrtum einbegriffen.
Doch muss ich mir selber einen gewichtigen Einwand vorlegen. Habe ich nicht in der Hausse des Jahres 2009 meine zu 80% treffsicheren Indikatoren so optimiert, dass sie nur in einem Aufwärtstrend richtig anzeigen? Über mein sofort durch ein Verkaufssignal am nächsten Tag korrigiertes Aufwärts-Fehlsignal vom 19. 1. habe ich schon berichtet.
http://trendgedanken.de/?p=2420
Doch auch nach meinem neuen Kaufsignal am 1. 2. fiel der S&P – intraday am 5. 2. – noch um 4,5%. Deshalb qualifiziert sich dieses Kaufsignal auch als Fehlsignal. Hm, zwei Fehlsignale nach oben in Folge, deutet dies nicht auf eine neue Qualität des Marktes, die durch meine Indikatoren nicht mehr erfasst wird? Auszuschließen ist das nicht. Doch glaube ich nicht, dass meine Indikatoren einen eingebauten bullischen Bias haben. Denn sie zeigten zwischen dem 22. Juni 2009 und heute auch 5 der 6 Zwischengipfel richtig an. Vgl. dazu die Grafik in
http://trendgedanken.de/?p=2420
Dieser Selbsteinwand muss nicht zum Zögern und Zaudern führend. Das Forum
http://www.trader59.de/blog/?p=817 ,
das ich regelmäßig besuche, gibt mir nämlich mit seiner Relative-Stärke-Methodik nach Levy einen Prüfstein an die Hand, der mich zum Handeln befähigt, wenn sich das intraday reversal vom Freitag nicht am Montag oder Dienstag fortsetzt. Klewe schreibt dort richtig und treffend: „Also wenn nun ein Reversal kommen soll, dann brauchen wir es bitteschön jetzt. Sonst haben wir einen Bärenmarkt!“. Ich spiele also die Karte eines Reversals nach den in der Vergangenheit am besten bewährten Punkten 1-4 oben, ziehe aber die Reißleine, wenn der S&P am Tagesschluss unter das intraday Tief vom Feitag fallen sollte.
Let’s trade what we see. Die Chancen stehen eher für eine steile Rally nach oben als für einen Durchmarsch nach unten. Zuviele sind short. Und zuviele sind sich zu sicher, dass es nun endlich nach all den Schieflagen der Shorties zur längeren Korrektur nach unten geht. Eine gute Zeit für „Contrarians“, jetzt long zu gehen.
Marcus says
Ein sehr interessanter Artikel. Vielen Dank! Sie rechnen ja mit einem nachhaltigen Kursaufschwung, d.h. das wir wie in ihrem Strategieupdate die 6000 bis März/April sehen könnten? Dann aber die große Korrektur einsetzt? Oder werden Sie nach Ihren neusten Informationen auch ihr Strategieupdate aktualisieren, sprich keine Korrektur nach Wieder-Erreichen der 6000-Marke?
Grüße,
Marcus
Herbert says
@ Marcus:
Ich muss Sie zu Ihren Fragen ein bißchen enttäuschen. 1. Ich rechne niemals mit Kurszielen, weil sie das klare Denken trüben. . I trade what I see, ohne sagen zu können, bis wohin es geht. Dann wären 5 Handelstage Trend für mich schon „nachhaltig“. Dann wird neu geschaut. 2. Ich schaue nicht auf den Dax, sondern auf den S&P Index. Meine Beobachtungen stammen ja auch aus NY. Für Deutschland und Europa gibt es so vorzügliche Daten nicht. Der Dax folgt ohnehin meist dem Schlepptau der Wallstreet. Die wenigen Ausnahmen dazu fallen (oder fielen bisher) nicht ins Gewicht. 3. Es könnte ein tückischer Range Markt werden: 5 bis ? Tage hoch, dann 5 bis ? Tage runter usw. usw. …..Während das manche zur Verzweiflung treibt, hoffe ich, mit meinem Oszillator der Geldbewegungen rein in und raus aus Aktien einiges davon mitzunehmen.
Grüße, Herbert
Herbert says
@ Cues:
Ich finde die Annahme faszinierend gut, dass eine Negierung einer Wellenzählung nichts Negatives ist, sondern ein positiver Indikator von sog. Korrekturwellen.
Könnten Sie nicht aus der Häufigkeit der Negierungen pro Woche (oder 4 Stunden Charts?) – z. B. in einer Excel Datei – einen kumulativen Indikator bilden? Bei jeder Negierung ein Kästchen mehr in die Richtung der Negierung nach oben bzw. unten?
Wenn wir eine „Perlenschnur“ von auf- oder absteigenden Negierungen hätten, müsste mein Oszillator funktionieren. Wenn wir klare Elliot Trends haben, müßte mein Oszillator der Geldbewegungen Fehlsignale liefern.
cues says
@Herbert: Es gibt ein pendant zwischen „wenn, dann“ Prinzip und „I trade what i see“. Ich denke beides Ist sehr ähnlich.
Es wird nicht zu der Perlenschnur kommen, weil ich im „wenn, dann“ Prinzip oder „I trade what I see“ auf einen anderen Modus umschalte.
Wenn ich die erste Negierung festelle, so stelle ich die Unterwellenzählung um ,dann ist die Negierung laut neuer Wellenzählung nicht mehr falsch und die nächsten Zählungen zeigen das Muster, bis zur nächsten Negierung. Aber es darf nicht zu einer Perlenschnur kommen. Dann wäre etwas nicht richtig.
Denn, Ich zähle, was ich sehe
Hatten sie im aktuellen Downmove viele Fehlsignale?
Herbert says
schade, dass das logischerweise nicht geht.
Ich registriere meine Signale im Tagesmodus (Geldbewegungen zum Stand Tagesschluss). Dadurch entstehen nicht viele Signale. Ich hatte nur ein Kaufsignal am 1. 2., auf das dann leider schwache Tage folgten. Immerhin wurde es nicht wie in der Vergangenheit sofort am nächsten Tag durch ein Verkaufssignal abgelöst. Die Kaufzone ist intakt
Marcus says
Der Dow Jones hat nach kurzfristigem Drehen nach Oben nun deutlich verloren, derzeit 0,6%. Unter der Berücksichtigung der heutigen Ereignisse sehen Sie sowohl den Dow als auch den Dax für die nächsten Tage nachwievor bullish?
john says
denke mal der dax wird morgen eventuell nochmal die 5380 antesten,sehe dann selbst als bär eine kleine zwischenralley,kann sich unter schwankungen bis in nächste woche fortsetzen.ansonsten rechne ich bis jahresende eher mit unter 4000 punkten.es sei denn,es werden noch mehr gelder locker gemacht und der staat setzt die banken unter druck auch unsichere kredite zu vergeben,was dann eine inflation auslösen wird.obwohl das nicht sein muss,in japan pumpt man seit jahren geld in system und hat trotzdem deflation…weil keiner die kredite wirklich will
Gert Schmidt says
Dieses „wenn, dann-Prinzip“ (wdP) erscheint sinnvoll, denn es ermöglicht die Flexibilität, Trendwechsel (mein Lieblingsthema) zu erkennen – und zwar idealerweise schon nach der zweiten Welle und nicht erst dann, wenn der Trend vier bis fünfmal bestätigt wurde (was in vielen Fällen ja auch schon für erfolgreiche Transaktionen ausreicht).
Ausgangsbasis des wdP könnte sein, dass während einer Aufwärtsbewegung andere Zusammenhänge herrschen als während einer Talfahrt. Das verdeutlichtlicht z.B. Börsentiger in seinem jüngsten Artikel über Hedgingstrategien:
http://trendgedanken.de/?p=2443
Weil der typische Börsianer ein Optimist ist, verkauft er nicht, wenn er fallende Kurse erwartet. Er sichert eine bestehende Position ab. Deshalb sind die Futureumsätze während einer Talfahrt regelmäßig höher als während einer Aufwärtsbewegung.
Die Vermögensverwalter der großen Publikumfonds haben ja auch kaum Gründe, Aktien zu verkaufen: Sie müssen die Sparverträge am Markt unterbringen. Sie kaufen praktisch immer, am liebsten mit fallenden Notierungen und je tiefer desto besser. Das führte z.B. im Winter 2008/2009 zu den Käufen. Im Bericht vom 09.03.2009 sind die dazugehörigen Charts zu sehen:
http://trendgedanken.de/?p=852
Leider verfälschen diese stetigen Käufe das Bild. Denn die immer latent vorhandenen Käufe führen zunächst zu Kaufsignalen, ohne dass der Markt sofort steigen muss und Verkäufe (von Insidern) werden zum Teil aufgefangen.
Erwarten die professionellen Vermögensverwalter steigende Kurse, treten sie deshalb besonders intensiv bei Bodenbildungen als Käufer auf. Kaufsignale müssten in einer Turnaroundsituation deshalb besonders stark (und irrational) sein. Alles Material, das auf den Markt geworfen wird, sammeln sie ein.
So hat das wdP eine handfeste Grundlage: Wegen des unterschiedlichen Anlegerverhaltens geschehen während einer Abwärtsbewegung andere Dinge als bei einem Aufschwung. Zu Handeln, was zu sehen ist, bekommt dadurch eine besondere Bedeutung.
Gäbe es keine Derivate zur Absicherung, würden die Abwärtsbewegungen viel heftiger ablaufen. Das ist ein Aspekt, den Bären, die den Dow Jones z.B. bei 1.000 Punkten sehen (Prechter), womöglich nicht berücksichtigen – vielleicht erst dann, wenn der Derivatemarkt zusammengebrochen ist.
Besondere Zurückhaltung der Futureshändler im Krisenfall bekommt so eine neue Bedeutung: Es wäre dann kein neu aufkommender Optimismus, sonderen die Sorge, dass für das Glattstellen der Position die Gegenpartei fehlen könnte.
Gert Schmidt says
@Herbert, zu Ziffer 3., mögliche Kaufsignale der Trendsetter- und Sicherheitsindikatoren:
Ich bewerte das noch nicht als bullisch. Die dargestellten Käufe könnten ein „Zurückschwingen“ der Indikatoren sein, eine Art „pull back“-Reaktion (z.B. Käufe von Publikumfonds).
Monatelang sind die Trendsetter gefallen und lieferten Warnsignale. Im Vergleich dazu wirkt der Konsolidierungszeitraum und das Ausmaß der Abwärtsbewegung zu gering.
Der DAX müsste unter das Ausgangsniveau der ersten Warnsignale fallen – und die begannen bei 4.500 – 4.800 Punkten.
Im Bericht vom 09.12. ist der dazugehörige Chart zu sehen:
http://trendgedanken.de/?p=2323
Deshalb bleibe ich trotz der kurzfristig behaupteten Indikatoren im intakten Abwärtstrend auf der Shortseite.