http://www.movingmarkets.de/trends/log/?p=1300#comment-5004
Der Text wird hier eingesetzt, um die Diskussion fortführen zu können.
Saviano schreibt:
23. Januar 2007 um 19:04
Damals wie heute würde ich die Lage nicht so skeptisch beurteilen (zwischenzeitlichen Korrekturen mal beiseite gestellt). War denn der DAX um 300-400 Punkten überbewertet in April 2006?
Generell kann man bei 5% bis 10% (wenn nicht höher) gar nicht von “fundamental” unter- oder überbewertet sprechen. Kein Mensch der Welt, und der Markt insgesamt noch weniger, kann eine auf 5% bis 10% genaue Bewertung abgeben. Wenn wir uns in diesem Korridor befinden, können wir höchstens sagen: “fair bewertet”.
Aus meiner Sicht war der Dax damals wie heute mittel bis leicht unterbewertet. Also sehe ich generell längerfristig (denn erst in der langen Frist reagiert der Markt halbwegs rational) ein Potenzial von min 10-20%. Im Laufe der Zeit mit – vorausgesetzt – steigenden Gewinnen dürfte sich dieses Potenzial sogar noch ausweiten. Ganz zu schweigen von möglicher Übertreibungsphasen.
Gert Schmidt schreibt:
24. Januar 2007 um 10:10
Bin zwar kein Bilanz-Wissenschaftler. Aber ich weiss, dass die Börse keine Einbahnstraße ist. Deshalb ist es angebracht, nach fundamentalen Risiken zu suchen.
Wenn alles so günstig aussieht, muss irgendwo ein Haar in der Suppe zu finden sein.
Mögliches Szenario: Wegen Basel II stehen Eigenkapital und Sicherheiten im Vordergrund. Deshalb ist es naheliegend, bei den Bewertungen von Beteiligungen, Immobilien, Anlagen großzügig zu sein. Schließlich gibt es positive Projektionen. Solange kein Abschreibungsbedarf konkret sichtbar wird, hält man an den bilanzierten Werten fest.
Noch besser: Wegen steigender Aktienkurse lassen sich Sicherheiten höher bewerten, was eine höhere Verschuldung bewirkt. Das wiederum ermöglicht mehr Investitionen. So ist es möglich, dass Wertpapierkredite, Sicherheiten und Aktienkurse sich gegenseitig auf dem Weg nach oben beschleunigen.
http://www.markt-daten.de/Chartbook/margin-debts.htm
Wie lange das funktioniert – schwer zu sagen. Auf den ersten Blick sieht es nach einem perpetuum mobilee aus. Aber das gibt es nicht.
Ich befürchte Risiken, die versteckt sind, z.B. bei der zu hohen Bewertung von Eigenkapital/Sicherheiten.
ichitaka schreibt:
24. Januar 2007 um 11:02
Solche Eigenkapital/Sicherheiten sind ja in enormen Größenordnungen entstanden. Nur eben relativ wenig in Westeuropa und in den USA. Zu aller größten Teilen (In Kaptialmasse gerechnet) ist das Wachstum in den asiatischen Staaten und auf der Halbinsel Dubai gewesen; zumindest was die letzten 10/15 Jahre angeht. Das Wachstum der westlichen Welt basiert vor allem auf der Entwicklung moderner Kommunikationssysteme. Ihr Kapitalwert ist eine seltsame Sache, die nicht so leicht zu bewerten ist, abgesehen davon dass Kapitalmasse an sich schon schwer in Relation zu setzen ist.
Zumeißt wird der $ als Vergleichsmass herangezogen oder die örtliche Wärung. Gerne aber auch Gold oder Immobilien. Das Problem ist, dass unter den modernen Finanzsystemen auch diese Vergleichsmaße schwanken, weil sie dem freien Handel ausgesetzt sind. Defacto gibt es kein Maß für Kapitalmasse bzw. Eigenkapital/Sicherheiten; Jedenfalls keines, dass wie ein Metermaß eindeutig, unveränderlich, konventionell und mit einem festen Faktor in andere Maße umrechenbar ist.
Zu der Bewertung unseres Wachstums auf Mikroelektronik in den Jahren seit 89: Wieviel die Teile wert sind, die wir bei Mediamarkt kaufen, weiß sicher jeder. Sie werden auf jeden Fall nicht teurer. Produziert wird ein großteil der Ware, Hard- wie Software, in Asien. Dafür aber wurden dort in der gleichen Zeit und in windeseile Fabriken, Schulen und Universitäten hochgezogen, sowie Unternehmen, Börsen, Straßen und Kraftwerke und all die Infrastruktur, die im Westen vor der Elektronikwelle für Wachstum stand.
Man sieht also, die Bewertung von Eigenkapital/Sicherheiten ist heute sehr schwer (nicht unmöglich). Jedoch erhält man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Kredit für die Sicherheit eines Softwarepakets, eines Computers oder sonstieger Elektronik. Für ein Mittalklasse Auto dagegen schon eher. Darin liegt ein Kasus Knacktus und eine Schlinge des wirtschaftlichen Aufschwungs.
Können wir international mit unseren elektronischen Produkten sowiel Fremdkapital und Arbeitskraft gewinnen, dass der Aufschwung im Westen ein Aufschwung bleibt? So wie z.B. SAP in Indien oder Microsoft und Google in China das tun. Dann erklärt sich auch die Liquiditätswelle. Ansonsten, wird aus der Welle auf der wir reiten schnell ein Liquiditäts Tsunami.
Die Alternative ist: Wir erfinden etwas neues! Etwas, wofür andere Staaten noch lange brauchen werden, um es ebenfalls anzubieten.
Effiziente Umwelttechnik? Nanotechnologie? ???
Herbert schreibt:
24. Januar 2007 um 13:46
Klasse Beitrag, Ichitaka!
Die gravierend zugenommene Unsicherheit, ja Unmöglichkeit, einer zweifelsfreien Bewertung des objektiven Kapitalstocks aufgrund von Innovationen im Zyklus der IT Technologie erklärt, warum die Märkte so starken Schwankungen ausgesetzt sein müssen – an sich ja ein Paradies für Trader. Und eine Gefahr für den value investing approach.
Die letzten beiden Absätze sind besonders alarmierend: “Können wir international mit unseren elektronischen Produkten soviel Fremdkapital und Arbeitskraft gewinnen, dass der Aufschwung im Westen ein Aufschwung bleibt?” Wenn es heißt: “Die Alternative ist: Wir erfinden etwas neues! Etwas, wofür andere Staaten noch lange brauchen werden, um es ebenfalls anzubieten”, dann wird ein altes klassisches Buch neu aufgeschlagen – das Buch der Kondratieff Wellen des Wachstums und Niedergangs in Innovationszyklen. Ist der IT Zyklus bereits am Ende? Ich habe 2000-2002 einiges Geld short verdient, weil ich auf annahm, auf dem Abschwung einer Kondratieff Welle zu reiten. (Der Kronindikator war die Kapazitätsauslastung der US Industrie, die damals rapide von 83 auf 74 fiel – wie alle Kondratieff Krisen keine Krise das Wachstums, sondern eine Überproduktionskrise). Deshalb beobachte ich auch jetzt die monatlich berichtete US Capacity Utilization mit Argumsaugen. Sie steigt leider nicht, sondern ist seit August 2006 wieder gesunken.
Geld kann man mit den angesprochenen Innovationen nur verdienen, wenn ein durch Patent geschütztes Monopol besteht oder eine Firma sich quasi ein Monopol wie Microsoft schafft, das auch schon lange bröckelt.
Solange keine neue(n) Erfindung(en) profitabel vermarktet werden kann (können), greifen über kurz oder lang die Niedergangsscenarien der Börsen.
Aber erst mal von der Stock-Bond-Ratio von z. Zt. so um die .80 auf so um 1.20 bis 1.30 …?????
Grüße