Wirtschaft ist Psychologie, werden wir von den Entscheidungsträgern in der Politik zurzeit belehrt. Daher sei auch das Verbreiten schlechter Nachrichten für Verbraucher ungünstig. (Anmerkung: In der Medizinbranche funktioniert das derzeit auch: Je schlechter die Nachricht für den Patienten, desto größer sind die Summen, die die Krankenkassen erhalten).
Damit darf unterstellt werden, dass der Staat auf der Klaviatur psychologischer Mittel alle Register* zieht, um die Wirtschaftskrise zu bremsen und Zeit zugewinnen.
Weil das Aufsetzen der rosa Brille offensichtlich nicht ausreicht, dürfen wir davon ausgehen, dass mit anderen Methoden nachgeholfen wird.
Der Staat nimmt nicht Milliardensummen in die Hand, um zuzuschauen, wie sie an der Börse verbrannt werden. Außerdem besteht möglicherweise Gefahr im Verzug, weil die Stillen Reserven der Versicherungen Richtung null tendieren, wenn der DAX seine Talfahrt fortsetzt – mit kaum überschaubaren Folgen.
Deshalb dürfen wir unterstellen, dass auch 2009 – wie 2007 und 2008 – immer wieder geplante Kurserholungen stattfinden. Organisationen, wie der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) oder bankeneigene Organisationen, könnten einen Teil der staatlichen Geldmittel dafür verwenden, um den Short Sellern das Leben schwer zu machen.
Sie beobachten die Märkte im Detail, haben beste Verbindungen bis hinter die „chinesischen Mauern“ und messen anhand der Orderverteilung, wann sich Verkaufsdruck aufbaut und wann er abflacht. Schlechte Nachrichten und Baissereaktionen des Marktes könnten gezielt genutzt werden, um sich im Vorfeld Short zu positionieren und sich im Vorfeld der Stützungskäufe LONG auszurichten.
Dabei konzentrieren sie sich auf renditestarke Werte, weil sie keine Hasardeure sind und bevorzugen Index-Schwergewichte, damit sie den Markt effizient nach oben bewegen können.
Auf die aktuelle Situation übertragen bedeutet das: Die Stützungskäufer waren (nach den Aufzeichnungen der Moving Markets Indikatoren) vom 21. bis zum 23.01.2009 aktiv. Ob sie den DAX lediglich stabilisieren wollten oder sie planen, ihn weiter aufwärts zu ziehen, ist offen. Das bleibt in den nächsten Tagen zu beobachten.
* Ein Register ist bei einer Orgel eine in der Regel über den gesamten Tonumfang reichende Reihe von Pfeifen gleicher Klangfarbe, die als Einheit ein- oder ausgeschaltet werden kann.
Gert Schmidt, Trend Gedanken Herausgeber, Moving Markets Depot says
Gestern, ARD, Report aus München:
http://www.br-online.de/das-erste/report-muenchen/report-hre-pressemitteilung-ID1232985554984.xml
Filmbeitrag
http://www.br-online.de/das-erste/report-muenchen/report-hypo-real-estate-krise-ID1233009904446.xml
Zitat:
Hypo Real Estate wurde der Öffentlichkeit zwar als solides Immobilienunternehmen verkauft. Aber vergleicht man die Erfolgsgeschichte mit dem Kursverlauf, entsteht der Eindruck, dass die Ex-Tochter der Hypovereinsbank nur äußerlich hübsch gemacht wurde und die inneren Werte nicht ganz so solide waren.
Wie bei vielen anderen Abspaltungen von Tochterunternehmen gilt auch hier: Die Großaktionäre haben Kasse gemacht, Kleinanleger verbrannten sich die Finger. Siemens – Infineon – Epcos – Qimonda ist ein weiteres Beispiel dafür.
Die Hausse 2003ff konnte nur deshalb entstehen, weil die damaligen Risiken mit dem Verbriefungssystem kaschiert und die Bilanzen dadurch künstlich aufgebläht wurden. So stand viel Geld auch für Aktien zur Verfügung, die Kurse kletterten.
Dass 2006 der Umverteilungsindex so dramatisch kletterte, erscheint mit den neuen Informationen in einem neuen Licht.
http://www.movingmarkets.de/trends/log/?p=870
http://www.movingmarkets.de/trends/log/?p=760
Vermutlich gab es damals schon Krisensignale, so dass Insider ihre Risiken im besonderen Ausmaß umverteilten.
Danach zündete man die nächste Stufe der Verbriefungsorgie, ohne dass Banken- und Versicherungsaufsicht, Wirtschaftsprüfer die dazugehörigen Risiken erkannten und eine Änderung anmahnten.
Wer etwas gegen steigende Notierungen und die Kapitalvermehrung vorbrachte, musste als Spielverderber dastehen. Deshalb gab es nur vereinzelte kritische Stimmen. Was sich hinter den chinesischen Mauern abspielte, geschah unter Ausschluss der Öffentlichkeit – und möglicherweise sogar mit Billigung der Banken- und Versicherungsaufsicht.
Es bleibt zu hoffen, dass Journalisten wie die Kollegen von Report als Instanz der vierten Gewalt nicht nachlassen werden, die Ereignisse der vergangenen Jahre offenzulegen.
Die Börse als freier Markt wurde vermutlich 2003 beerdigt und bis 2006 unter Verschluss gehalten. Seit 2007 können Kapitalanleger die die Wiederauferstehung feiern – auch wenn es weh tut. Das ist eine groteske Bestätigung von schönem Schein und bösem Sein.
Mein Kind, es sind allhier die Dinge,
Gleichwohl, ob große, ob geringe,
Im wesentlichen so verpackt,
Daß man sie nicht wie Nüsse knackt.
Wie wolltest du dich unterwinden,
Kurzweg die Menschen zu ergründen.
Du kennst sie nur von außenwärts.
Du siehst die Weste, nicht das Herz.
Wilhelm Busch, Schein und Sein
http://www.wilhelm-busch-seiten.de/gedichte/schein01.html