Prof. Dr. Margrit Kennedy und Bernard A. Lietaer haben in ihrem Buch Regionalwährungen einen Meilenstein für den Weg einer gewandelten Ökonomie gesetzt: Sie beschreiben, wie Regiogelder soziale Probleme lösen, städtische Haushalte entlasten, sich Kommunen organisieren helfen, Bildung und Altersversorgung auf hohem Niveau gewährleisten.
Regiogelder sind Tauschmittel oder können als “Zeit” angespart werden. Sie ergänzen die Weltwährungen und ermöglichen sogar, dass unzufriedene Menschen aus ihrer Lethargie und passiven Unzufriedenheit herauskommen.
Schließlich sind Regiogelder bestens dafür geeignet, die Resilienz von Staaten, Städten und Kommunen zu stärken. Resilienz ist die Widerstandsfähigkeit gegen von außen kommende Krisen. Angesichts des derzeitigen Verbrauchs der Umwelt und deren Zerstörung, Kriege um Ressourcen und drohenden Kollapses des Finanzsystems wird der Aufbau von Resilienz dringend benötigt. Das leisten z.B. weltweit die Transition Towns-Initiativen. Zurzeit beteiligen sich offiziell 451 Städte daran, die inoffizielle Zahl liegt wesentlich höher.
Nachfolgend lesen Sie eine Filmzusammenfassung des Runden Tischs für Regiogeld Hannover.
Der Schein trügt
http://derscheintruegt.com/ oder http://www.youtube.com/user/scheintruegt
http://www.3sat.de/page/?source=/ard/sendung/137795/index.html
Film von Claus Strigel, mehrfacher Grimme-Preisträger
Nur 2 % der Billionen Dollar, die die Finanzmärkte täglich virtuell um den Erdball pumpen, werden zum Austausch von Waren genutzt!
Die Geschichte der Kung aus der Namibiawüste
Über 40.000 Jahre lebten die Kung in der namibischen Wüste nach ihren alten Traditionen:
Ihre Rundhäuser standen im Kreis, die Türen zur Mitte hin geöffnet, gekocht wurde gemein-schaftlich draußen vor der Tür.
In den 70er Jahren kam mit dem Handel auch das Geld zu den Kung.
Innerhalb von 10 Jahren bot sich ein völlig anderes Bild: Die Kung, die früher alles miteinander teilten, hielten nun ihr Geld in Kisten vor den anderen versteckt. Sie hatten ihre Hütten umgedreht, so dass sie den anderen Dorfbewohnern keinen Einblick mehr boten.
Nichts, nicht einmal Gewalt oder Religion zerstört eine Gemeinschaft so nachhaltig wie das Geld. Und das sogar scheinbar freiwillig.
Henry Ford: „Wenn die Bürger erkennen würden, wie Geld funktioniert, hätten wir bereits morgen früh eine Revolution.“
Die Geschichte des 1000 Euro-Scheins
Ein Wirt stellt abends seine Stühle hoch und findet an einem Stuhlbein klebend einen 1000 Euro-Schein. Da seine Frau Geburtstag hat, kauft er ihr am nächsten Tag einen Pelzmantel, den er mit dem 1000 Euro-Schein bezahlt. Die Besitzerin der Pelzboutique lässt nun ihren Laden renovieren und bezahlt mit dem 1000 Euro-Schein. Der Handwerksmeister kauft für die 1000 Euro eine Kommode. Der Kommodenbesitzer feiert eine Familienfeier in der Gaststätte des Wirtes und bezahlt diesen mit dem 1000 Euro-Schein. (Im Film wird der Weg des Geldscheins mit einem roten Faden markiert.)
Der Wirt trägt den 1000 Euro-Schein am nächsten Tag zur Bank. Der Herr an der Kasse drückt den Alarmknopf, der Filialleiter erscheint. Sie schauen auf den Kalender: 01. April. Der Wirt hat Glück. Sie fassen die Situation als Aprilscherz auf und zeigen ihm ihren größten Euroschein: 500 Euro.
Jochen Hörisch: „Geld gibt es nicht.“
Wir schaffen Werte. In dem Moment, wo wir Geld für Werte geben, ist es nicht mehr unser Geld. Nur dadurch funktioniert Geld. Geld ist virtuell, immateriell. Geld hat mit Vertrauen zu tun, mit Glauben im religiösen Sinne. Die Begriffe verdeutlichen dies: Kredit (= Glauben, lat.), Schuldner, Gläubiger, Erlös, Messe, Offenbarungseid, Preis (von preisen)
Aristoteles: „Es muss für alles ein einziges Maß geben.“
Eigentlich geht es um Bedürfnisse. Ohne diese gibt es keinen Tausch, keine Gemeinschaft.
Hierzu braucht man eine Vereinbarung. Geld ist dafür der gesetzliche Stellvertreter.
Geld macht alles vergleichbar. Es ist ein Äquivalent. Es macht alles gleich gültig.
Glaube hilft beim Problem der Deckung. Wirtschaftswissenschaftler sind mit Priestern vergleichbar.
Die Krise liegt in der Natur des Systems.
Wenn wir z.B. einen Kredit von 500.000 Euro für einen Hausbau aufnehmen wollen, wird der Bankangestellte zunächst unsere Kreditwürdigkeit prüfen. Kommt er zu einem positiven Ergebnis, tippt er Zahlen in einen Computer. In diesem Moment wird Geld aus dem Nichts erschaffen. Geld entsteht aus Krediten, also aus Schulden. Die Bank muss nicht die ganze Summe als Rücklage bereithalten. Bei einer Rücklage von 10% kann sie z.B. auch 5 Millionen Euro erschaffen.
Die Crux ist, dass die Zinsen nicht miterschaffen werden, aber zurückbezahlt werden müssen. So entsteht ein Mangel an Geld, der wiederum Konkurrenz erschafft. Würden wir genügend Geld erschaffen, hätte es keinen Wert mehr und würde seine Funktion verlieren.
Aber knappes Geld ist das falsche Mittel. So kommt es zu solchen Kuriositäten, dass unsere Regierungen die Bauern bezahlen, damit sie nichts produzieren, während in Afrika die Menschen (ver-)hungern, da sie kein Geld haben. Ohne Geld kein Markt.
So schieben wir durch die Knappheit des Geldes einen Filter zwischen die Fülle des Universums und unsere Bedürfnisse.
In New York gab es bereits im Jahre 2002 1200 Armenküchen, die jeweils rund 1200 Mahlzeiten pro Tag ausgeben. Ein Fünftel der New Yorker Bevölkerung lebte bereits 2002 unter der Armutsgrenze.
Der Rohdatenfeed in den Computern der NY-Börse beträgt 400.000 Updates pro Sekunde, 800.000 in Chicago. Das Licht braucht von NY nach London 9 Millisekunden, die man an der Frankfurter Börse einzusparen versucht. Auch weitere transatlantische Glasfaserkabel werden an die Grenzen der Lichtgeschwindigkeit stoßen. Der Mensch tritt kaum noch in Erscheinung.
Wege aus der Krise
Eine „normale“ Bank bietet ihren Kunden 350.000 Bankprodukte, die alle den Zweck verfolgen, die Bürger zu betrügen.
Z.B. eine Kreditgenossenschaft, eine badische Raiffeisenbank wie in den 60er Jahren, bietet lediglich Girokonten, Sparkonten und Darlehen an. Das genügt. Eine Bank sollte dies nur verwalten.
Caritas Schuldnerberatung: „Wenig Geld ist schwerer zu verwalten als viel Geld.“
Jede vierte Säugetierart stirbt aus. Luftgeld zerstört unsere Welt!
Nehmt euer Schicksal selbst in die Hand!
Lasst euch nicht fremdbestimmen!
Das Yang-Prinzip des Geldes
Yang | Yin |
Wettbewerb
von oben nach unten Investmentbanker Abhängigkeiten (kann man kaufen) |
Kooperation
im Kreis Erzieher, Lehrer, Krankenschwester, Altenpfleger … Sinn in Beziehungen (nicht käuflich) |
Die Folgen konnte man in der Vergangenheit sehen:
Aktienrutsch am Schwarzen Freitag 1929. Bankhaus Morgan tätigte Stützungsaktionen durch Aufkauf von Aktien. Die Aktien stiegen wieder. Doch wenige Monate später gab es die Wirtschaftskrise, die große Depression. Jeder Vierte war ohne Job.
Wenn heute Lieferketten brechen, haben wir in wenigen Tagen den Zusammenbruch!
Nachhaltigkeit und Effizienz
Es gibt vier Hauptprobleme in Ökosystemen, die innovative Lösungen verlangen:
- Sterben der Arten
- monetäre Instabilität
- Arbeitslosigkeit
- Altern der Gesellschaft
Effizienz wird durch das Zinsschuldgeld unseres Finanzsystems gesteigert.
Nachhaltigkeit wird durch Vielfalt und Vernetzung und Regiogeld gesteigert.
Der Geldforscher Prof. Bernard Lietaer, früher Notenbanker, Währungsspekulant, Regierungsberater, heute einer der härtesten Kritiker des Geldmonopols, vertritt die These, dass mit dem globalen, monopolistischen Geldsystem allein die heutigen Probleme der Menschheit nicht mehr gelöst werden können: Die Bekämpfung von Armut und Hunger, der Klimaschutz, Gesundheits- und Sozialdienste brauchen ergänzende Tauschsysteme, eigene Währungen.
Alternativen zu zinsbelastetem Schuldgeld:
Z.B. Regionalgeld in Wörgl:
Der Bürgermeister von Wörgl gab in der Wirtschaftskrise regionales Geld heraus. Damit bezahlte er z.B. Schul- und Straßensanierungen. Die Arbeiter kauften mit dem Regionalgeld ein. Ein geschlossener Kreislauf durch regionales Geld entstand. Die Wertschöpfungskette funktionierte hervorragend. Die Region blühte in der großen Depression auf, während sonst überall die Wirtschaftskrise vorherrschte.
Auf Druck der Nationalbank wurde das Regiogeld 1933 verboten.
Sie bestand auf zinsbelastetem Schuldgeld.
Z.B. Buchgeld ohne Zins bei der WIR-Bank:
Die österreichische WIR-Bank ist eine Genossenschaftsbank. Sie dient lediglich als Verrechnungsstelle. Es gibt WIR-Schecks und WIR-Karten. Auf Guthaben gibt es 0%. Für Kredite nimmt die WIR-Bank 1% für die Bezahlung der Verwaltung.
Steuern und Krankenkassenbeiträge können nicht in WIR bezahlt werden.
Aber wenn jemand gar keine Euro hat, nimmt die Gemeinde auch WIR-Geld.
Z.B. Zeitgeld Furalkipo in Japan:
Ich helfe eine Stunde lang einem Nachbarn. Dafür bekomme ich einen Furalkipo gutgeschrieben. Diesen schicke ich an meine alte Mutter, die in einer weit entfernten Stadt lebt. Sie kann sich für meinen Furalkipo nun für eine Stunde Hilfe einkaufen.
Z.B. Banko Palmas – solidarische Ökonomie in Brasilien:
In Brasilien wurden die Bewohner eines Fischerdorfes zwangsumgesiedelt, um Platz für Hotels, Restaurants, Tourismus zu schaffen. Die umgesiedelten Menschen bauten in Gemeinschaftsarbeit ihr neues Dorf Palmera auf. Aber alles, was die Gemeinschaft an Geldwerten schuf, floss wieder weg, weil Waren von außerhalb beschafft wurden.
Die Bewohner stellten fest: Das BIP (Bruttoinlandsprodukt) ist abhängig von der Zirkulation des Geldes, nicht von der Menge des Geldes. Sie entschieden daraufhin:
Lasst uns die Macht über unser Geld zurückgewinnen!
Sie entwickelten eine Kulturwirtschaft: Die Banko Palmas, die Palmas als Regiogeld herausgibt. Dort gibt es neben einer Kasse im Kundenbereich eine Cafeteria und eine Arbeitsvermittlung. Palmas Fashion stellt z.B. Kleidung her und bietet Arbeitsplätze.
Es gibt außerdem eine Menge Sozialeinrichtungen und Kulturinstitutionen, z.B. Sing- und Trommel- oder Theatergruppen
Die Entscheidung darüber, wieviel Palmas in Palmera zirkulieren sollen, liegt bei den Bürgern, die darüber im Gemeinderat sprechen.
Palmeras Bank ist gleichzeitig eine Zentralbank aller 40 Gemeinschaftsbanken in Brasilien.
Die Banko Palmas hat einfach Regalfächer für die verschiedenen Regiogeldwährungen.
Paul Singer, Staatssekretär für solidarische Ökonomie in Brasilien, sieht in diesen ergänzenden Währungen eine große Chance:
“Die Macht des Geldes über die Menschheit wird abgelöst
von der Macht der Menschen über das Geld.”
Kontakt: Gert Schmidt