Nach dem Warnsignal vom Vormittag hätte der DAX eigentlich den Rückwärtsgang einlegen müssen. Entsprechend der bisherigen Marktmechanik war eine kurzfristige Überhitzung entstanden, die bereinigt werden müßte.
Statt dessen begann der DAX zu klettern: Innerhalb weniger Minuten stieg er vom Tagestief 5.267 an den 5.300 Punkte-Widerstand. Das könnte der Auftakt einer Top Bildung sein, wobei der Markt kaum berechenbar reagiert: Die Hausse stirbt in der Übertreibung nach oben.
Ein Anstieg um 50 bis 200 Punkte darf einkalkuliert werden. Dabei könnten die Indikatoren alle Register ziehen, um die Überhitzung anzuzeigen:
* ein schneller dynamischer Anstieg
* hohe Marktbreite (schon jetzt!)
* stark steigende Umsätze
* Konzentration der Marktteilnehmer auf Trendsetter und spekulative Titel
Irgendwo oberhalb von 5.300 Punkte wäre danach die Top Bildung zu erwarten. Wie weit es aufwärts gehen kann, hängt davon ab,
* wieviel Kapital der professionellen Vermögensverwalter an der Seitenlinie zur Verfügung steht
* wie sich das Publikum für Aktieninvestments durch positive Berichte in den Massenmedien beeindrucken läßt.
Für das antizyklisch geführte Moving Markets Depot bedeutet das: Steigende Notierungen werden in den nächsten Tagen dazu genutzt,
1. die bestehenden LONG Positionen bei Verstärkung der Warnsignale abzubauen
2. damit zu beginnen, über Short Engagements nachzudenken.
Eine Short Position gibt es bereits: Die im Mai verkauften Adidas Calls. Ende Oktober notierte die Position kurz in der Gewinnzone und es wäre genug Zeit gewesen auszusteigen. Dass die Position gehalten wurde, beruhte auf der These, dass
1. das die Aktie zu teuer bewertet wird (Indikator Renditeperformance notiert im Minus-Bereich, signalisiert dadurch eine unterdurchschnittliche Gewinnrendite)
2. oberhalb von 149/150 EUR im Juli/August bei guten Nachrichten und hoher Medienpräsenz des Unternehmens (teurer Rebok-Kauf) eine Umverteilung stattfand
3. die Erwartungen an mögliche Gewinne mit der Fußballweltmeisterschaft zu hoch sind
Insgesamt erschienen die Voraussetzungen für fallende Notierungen der Adidas-Aktie ideal. Das Halten der Short-Position war aussichtsreich. Aber ich unterschätzte das Beharrungsvermögen der Optimisten und das positive Umfeld des steigenden Gesamtmarktes.
Zwar zeigte sich die Aktie als monatelanger Underperformer, was am Zeitwert der Calls sägte. Aber der Verkauf der Calls fand zu früh statt. Die Strategie, von einer Seitwärtsbewegung der Aktie oder sogar von einer Top Bildung zu profitieren, geht voraussichtlich nicht auf.
Zur Zeit notiert die Stillhalter-Position mit rund 3.700 Euro in der Verlustzone. Die Aktie müßte bis nächste Woche Freitag, dem 16.12., auf 137 EUR fallen, um mit Gewinn glattstellen zu können. Das wäre ein Abschlag von 16 Euro bzw. 10,5 Prozent – angesichts der nach außen zur Schau gestellten guten Stimmung an der Börse ein ehrgeiziges Ziel.
Alle Hoffnungen ruhen deshalb auf der Markttechnik: Es gab in den vergangenen Monaten jedesmal einen Umsatzanstieg, als die Aktie in Richtung 150 EUR kletterte. Der jüngste Kurs- und Umsatzanstieg könnte deshalb die Fortsetzung der Top Bildung darstellen. Offenbar nutzten einige Marktteilnehmer die gute Stimmung, um auszusteigen – ansonsten wäre der Titel längst auf 170 EUR marschiert.
Als Index-Leichtgewicht wäre es möglich, dass die Aktie in den Keller geht, während der Gesamtmarkt steigt. Ebenfalls möglich: Die Top Bildung des DAX, die sich zur Zeit anbahnt, könnte bis nächsten Freitag einen kräftigen Kursrutsch auslösen und Adidas mit nach unten ziehen.
Kurzfristige Überraschungen gab es in der Vergangenheit schon häufiger am Jahresende. Zur Zeit entsteht der Eindruck, als ob Dow Jones, DAX & Co von einer weihnachtlichen Vorfreude eingelullt werden, bei der es am Ende keine gute, sondern böse Überraschung geben kann.
Trotz alldem: Die Verluste der Adidas Short Spekulation können dramatisch steigen, wenn die Risiken nciht begrenzt werden. Sollte die Aktie – wider Erwarten auf 170 EUR klettern, müßten fast 8.000 EUR Verlust verbucht werden.
Deshalb setze ich eine Stop Loss-Marke: Steigt die Aktie über 154 EUR, wird die Position glattgestellt. Ansonsten bleibt die Hoffnung, bis nächste Woche mit einem blauen Auge davon zu kommen.
tut nichts zur sache says
ja, schon überraschend – aber noch keine hektik – geht nicht in einem strich rauf – von der top-bildung fliessend in die boden-bildung wohl vom hafer gestochen. nein, nein, nein, lass doch erst die heisse luft verdampfen – dann sieht man wieder besser
Gert Schmidt says
Mit der These zur „blow off Phase“ folge ich nur dem DAX. „Eigentlich“ hätte er heute fallen müssen. Dass das nicht geschah, signalisiert, dass hier etwas Besonderes geschieht – und das könnte angesichts der weihnachtlichen Kaufstimmung zum euphorischen Schlusspunkt führen.
Denn: Das Warnsignal der A/D-Linie ist schon sehr stark. Um sich dagegen stemmen zu können, braucht der DAX einige kapitalkräftige Marktteilnehmer, die ihn hochkaufen können.
Die Zeichen wenden jetzt auf Umverteilung und Top Bildung – nur wo …?
Mein Lieblings-Traum-Szenario: DAX-Einbruch bis nächsten Freitag auf 5.000 Punkte, Adidas dabei auf 135 Euro, kalte Dusche für alle Beobachter, schlechte Stimmung und dann langsamer Anstieg auf 6.000 im nächsten Jahr.
Aber Träume haben die Eigenschaft, nur selten in Erfüllung gehen zu können – auch nicht, weil Weihnachten ist.