Ich möchte meinen ausdrücklichen Dank jenen aussprechen, die mich in meiner unverbrüchlichen LONG-Einstellung seit Sommer dieses Jahres immer wieder völlig ignoriert oder sogar kritisiert haben, denn das hat mir die letzte Gewissheit gegeben, weiter eisern an meiner LONG-Strategie mit nur kurzen Absicherungsperioden festzuhalten und dieses Jahr sehr erfolgreich abzuschließen. Eine allgemeine Solidarisierung mit meiner Meinung wäre zwar menschlich positiv, aber für meinen Anlageerfolg durchaus eher nachteilig gewesen. Mehrheitlich pessimistische oder negative Kommentare sind für mich letztlich immer der Nährboden für steigende Börsen, weil sie den letzten Beweis erbringen, dass die Masse der Anleger unterinvestiert bleibt und erst später auf den fahrenden Zug aufspringt, wenn sie sich sicherer fühlen. Der „normale“ Anleger kauft an der Börse zu spät, verkauft an der Börse zu spät und bemerkt seine Kursverluste zu spät. Irgendwann bemerkt er, dass er alles zu spät macht und wird dann zum frustrierten Nervenbündel mit Aggressionen gegen alle, die es vielleicht anders gemacht haben könnten. Dann kommen allerdings Beruhigungspillen von den „Fachleuten“ aus den Banken, die behaupten, dass Timing völlig unmöglich wäre. Also schafft es im Grunde genommen niemand und das beruhigt natürlich das geschundene Nervengerüst wieder.
Ich habe es längst aufgegeben vergangenheitsbezogene, wirtschaftliche Kennzahlen detailliert zu analysieren (kenne auch wenig echte Gründe dafür) und befasse mich viel mehr mit Erwartungen und Financial Behaviour. Das macht garantiert mehr Sinn. In Umfragen haben 57% der Befragten Sicherheit als wichtigste Voraussetzung für ihre Geldanlage angegeben und davon war man im Jahre 2009 nach Meinung breiter Bevölkerungsschichten Lichtjahre entfernt. Die Subprime-Krise hatte eine panikartige Risikoaversion vieler Investoren und Kleinanleger hervorgerufen, diese von der Börse wie ein scheues Wild vertrieben und Aktien in absurde Tiefen gedrückt. Die Erwartungen waren für 2009 fast schon unterirdisch, z.T. apokalyptisch und Börsenoptimismus wurde dabei sogar teilweise mit Schwachsinn gleichgesetzt (geradezu paradiesische Zustände für einen Contrarian!). Alternative Ratschläge, wie etwa Goldbarren im Garten zu vergraben, fanden allerdings sofort eine voll zustimmende und wachsende Anhängerschar und der Glaube, dass der Goldpreis demnächst auf 2000 USD hochspringen würde, führte zum sofortigen Heißlaufen der Münzprägemaschinen. Da die Masse die Lage praktisch immer falsch einschätzt, war leicht vorauszusehen was kommen musste. Nun, es ist hoffentlich allen klar, dass es sich dabei absolut nicht (!) um Anzeichen einer wachsenden Spekulationsblase bei Aktien gehandelt hat.
In so einer Situation kommen die schlimmsten Prognosen zu den Aktienmärkten natürlich von jenen bereits Crashgeschädigten, denen der Schreck noch in den Gliedern sitzt oder von notorischen Sparbuchfanatikern (sehr oft also auch von Wirtschaftsprofessoren!), mit heimlicher Schadenfreude (ich habe euch ja immer schon gewarnt!) von bereits vermögenslosen Journalisten, Analysten und Bloggern oder von Baissespekulanten. Zur Vermeidung kognitiver Dissonanz sind manche dann bereit, enorm viel Zeit zu investieren um ihre negative Einstellung mit allen möglichen News und auch mit Zahlen und Fakten aus der Mottenkiste zu untermauern, obwohl sie meistens ihr Geld am Sparbuch parken oder erfolglos mit kleinen Beträgen gegen den Trend spekulieren. Es ist natürlich völlig sinnlos gegen einen Trend anzukämpfen oder bei Nachrichten zu agieren, wenn die Kurse längst reagiert haben. Aber wie auch immer, die Menschen sind eben mehrheitlich so veranlagt und finden immer wieder neue Begründungen hierfür. Es muss schließlich auf Biegen und Brechen bewiesen werden, dass die eigene Meinung richtig ist und diese verrückten Optimisten falsch liegen. Wenn andere diesen Pessimismus auch noch belobigen oder bejubeln und sich begeistert solidarisieren (wie in diesem Forum auch öfter beobachtet), kann man aus all dem erfolgreich Schlüsse ziehen. Der größte Beifall kommt meist von jenen, die zum falschen Zeitpunkt investiert haben und zu spät ausgestiegen sind, viel Geld verloren haben und sich heimlich wünschen, dass diese nervenden Optimisten nun endlich in den Abgrund stürzen mögen oder im Höllenfeuer schön langsam verbrennen und auch die gerechte Strafe für ihre „Fehleinschätzung“ bekommen sollten.
Ich persönlich fürchte an den Börsen allerdings nur die wachsende Begeisterung oder die Euphorie der Massen und die hat es in diesem Jahr höchstens bei Edelmetallen gegeben. Wenn alle 2009 guter Stimmung gewesen wären und die Zukunft in rosigen Farben gesehen hätten, dann wäre mir allerdings gleich ein ordentlicher Schreck in die Glieder gefahren. Mit Sicherheit wäre der Aufwärtstrend dann rasch zum Stillstand gekommen, da dann alle ihr Pulver umgehend verschossen hätten und kaum mehr das notwendige Kapital für steigende Kurse vorhanden gewesen wäre. Alle, die voll an den Börsen investiert sind, werden schon aus rein wirtschaftlichen und psychologischen Gründen niemals negative Statements über die zukünftige Börsenentwicklung abgeben.
Ich war seit Ende Juli die meiste Zeit voll investiert und konsequent auf steigende Kurse ausgerichtet und habe das auch hier nicht verheimlicht. Wenn man sich mit dieser Einstellung einsam fühlt, die pessimistische Stimmung unverkennbar in der Luft liegt und aus fast allen Statements in den Medien und Foren Ängste zum Ausdruck kommen, liegt man mit einer solchen Long-Einstellung praktisch immer richtig. Wir haben jetzt die erste Phase eines Bullenmarktes hinter uns. In dieser Phase kümmern sich die Akteure in erster Linie um Vergangenes, lecken permanent ihre Wunden und sehen konsequent überall negative Entwicklungen und eine Verschwörung des Großkapitals. Das ist nach Analyse vergangener Börsencrashes immer (!) der Fall. Man ist davon überzeugt, dass die Schrecken vergangener Kursstürze erst ihr endgültiges apokalyptisches Finale finden müssen, ohne zu bemerken, dass das Pendel längst in eine andere Richtung schlägt. Die von mir bereits bei der Hälfte des Jahres erkannten Parallelen zwischen 2003 und 2009 kann sich jetzt jeder noch einmal auf der Seite www.langfristcharts.de abrufen. Es kann auch nicht schaden sich den Verlauf des Jahres 2004 anzusehen und Schlüsse für 2010 zu ziehen. Meine in diesem Jahr wiederholten Aufrufe bei Marktschwächen endlich einzusteigen, sind völlig verhallt und wurden bestenfalls abfällig kommentiert. Da im ganzen Jahr 2009 in allen europäischen und amerikanischen Foren die Endzeitstimmung fühlbar war und die zittrigen Hände sich mit ihren Sparbuch- und Festgeldinvestitionen eng solidarisierten, die Konsumquote trotzdem weitgehend gehalten hat, aber gleichzeitig die Notenbanken unvorstellbare Geldlawinen produzierten, war eines sonnenklar:
DIE BÖRSE MUSSTE STEIGEN!
Es sagt zwar die Logik, dass der Geldstrom letztendlich dorthin muss, wo die meisten Erträge winken, aber wenn die Ängste überwiegen, nützen die besten Argumente bei den meisten Menschen absolut nichts. 2010 werden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit schwierigere Zeiten an den Aktien- und Rohstoffmärkten erleben. Die ganz große Chance ist vorderhand einmal vorbei. Die von allen so geschätzten, hochbezahlten „Experten“ und Bonusmaximierer aus den Banken geben -im Gegensatz zu 2009- nun zuversichtliche Börsenprognosen und sehen in 2010 ein Hoffnungsjahr. Immerhin für mich schon ein sehr triftiger Grund um mich sofort massiv zu ängstigen und Aktienpositionen augenblicklich zurückzufahren. Wir werden jetzt langsam in die 2. Phase des Bullenmarktes eintreten, wo die Wirtschaft gegenüber einer davongelaufenen Börse aufholen muss, die Zinsen angepasst werden und Maßnahmen gegen die Staatsverschuldungen gesetzt werden müssen. In dieser Phase ist mit hoher Volatilität zu rechnen, da die Wirtschaft sich erst langsam nach einem reinigenden Gewitter erholt und immer mehr Ängstliche und Pessimisten (zuerst ganz vorsichtig und eher im Geheimen- ohne es warnenden Stimmen in der Familie und bei Freunden mitzuteilen) die Seiten wechseln werden. Die Beunruhigung und die Furcht nach gar schrecklichen Blitzen und lautem Donner lassen jetzt eindeutig allgemein nach und man beginnt langsam die ersten Sonnenstrahlen zu erkennen. Die Kaufempfehlungen werden wieder zunehmen und totgesagte Börsenbriefschreiber, Analysten und Kommentatoren werden urplötzlich wieder aus ihrem Koma erwachen. Wenn die Ängstlichen endlich ihren ganzen Mut zusammengenommen haben und ihre ersten Aktien- und Rohstoffengagements todesmutig wieder in Angriff genommen haben, dann wird die nächste ordentliche Korrektur fällig sein und neuerlich werden unsere geschätzten „Bankexperten“ verkünden, dass damit der Beweis erbracht ist, dass Timing eben nicht möglich ist. In diesem Sinne hoffe ich aber auch im nächsten Jahr ein einsamer Rufer in der Wüste zu bleiben und bei Panik und Euphorie stets die Gegenposition einzunehmen.
Also daher allen einen guten Rutsch und natürlich mehr Profit 2010.
PS: Ich verabschiede mich nun in den Urlaub nicht ohne einen kleinen Hinweis zu geben: Nach Feiertagen kommt es sehr oft zu einem Trendwechsel. Also alle sollten jetzt eher auf der Hut sein und nicht sich durch zu rosig gefärbte Prognosen für 2010 neuerlich täuschen lassen.
john says
@börsentiger:ich bleibe dabei,sie hatten eben das glück auf ihrer seite bzw.haben die richtigen schlüsse gezogen und das merkt man immer erst hinterher,also die börsen mussten NICHT steigen.die fed und die ezb haben das leider nur zwangsläufig zugelassen und es ist ja auch kurzfristig eine gute lösung,auch wenn es scheinkurse sind,produziert mit gedrucktem geld für das kein gegenwert existiert.und selbst wenn hier alle long gewesen wären hätte das an ihren erfolg nichts geändert,wir sind ja hier nur ein sehr sehr kleiner kreis.viele fonds haben ja die hype nicht mitgenommen,obwohl ja die verantwortlichen da sicher mehr einblick in die materie haben als sie oder ich.aber vielleicht waren manche fonds deswegen auch so zurückhaltend.
naja,und das sie vergangenheitsbezogene kennzáhlen nicht für wichtig finden,sondern sich mehr mit erwartungen beschäftigen aber andererseits bis in das jahr 2003 zurückblicken und da parallelen ziehen ist ja auch ein kleiner widerspruch.aber so seh das halt nur ich und es ist ja auch in der heutigen zeit so,das man mit worten fast alles ins richtige licht bringen kann,wie eben analysten,manager und politiker das auch hervorrragend praktizieren.ich kann mir gut vorstellen,das die unmengen gelder nicht zu freien verwendung an die banken verteilt wurde,sondern mit der auflage verknüpft wurde die märkte hochzukaufen(die fed und die ezb wussten ja,das diese gelder nicht in dem umfang benötigt wurden,da die kreditnachfrage sehr gering ist).ausserdem haben laut einer umfrage wenige unternehmen vor investitionen zu tätigen,25% wollen sie wohl sogar zurückfahren,da ja in D in der metall-und elektroindustrie rückgänge von 20-30% erwartet werden.
ich gönne hier jedem seinen erfolg und bin auch z.b. nicht neidisch auf einen bekannten,welcher sich schon 4!!! merhfamilienhäuser von seinen gewinnen gekauft hat und jetzt von den mieteinnahmen lebt.an der börse spielt er nur noch ein wenig,der hat sein geld gemacht und möchte das nicht aufs spiel setzen.ich bin auch nie frustriert über meine verluste oder die gewinne anderer.denke nicht sehr materiell,gedanken um geld mach ich mir nur ernsthaft wenn ich zu wenig oder zuviel habe und beides war noch nicht der fall.für mich ist börse schon eine art spielcasino,dazu bekenne ich mich auch.es ist eben nur viel interessanter hier als in einem normalen casino wo man nur auf schwarz oder rot setzt.hier kann man sein glück etwas beeinflussen und wenn man mal falsch liegt ist nicht gleich der ganze einsatz weg und manchmal wird aus dem verlust noch ein gewinn.
in diesem sinne wünsch ich allen viel glück fürs nächste jahr und hoffe,das börsentiger wieder den richtigen riecher hat,vielleicht folge ich seiner strategie mal.
SirTP says
Ausgezeichneter Beitrag Herr Börsentiger!!! An alle, noch schöne erholsamer Tage.
Durch den Blankoscheck für Freddie Mac und Fannie Mae gehts ab Montag Richtung 6500 im DAX. http://www.bild.de/BILD/politik/wirtschaft/2009/12/25/usa-vor-der-pleite/banken-bekommen-noch-mehr-geld-fannie-mae-freddie-mac-blanko-scheck.html
freund says
@SirTP,
was halten Sie von der Schlussfolgerung, dass dieser Schritt einfach nur Größeres vertuschen soll.
Diejenigen die die wahren Gründe kennen, werden Ihre Positionen abbauen.
Und es werden nicht wenige sein.
Es kann ja auch ganz ander kommen.
Guten Rutsch.
Anonymous says
Der Inhalt des Artikels „Danksagung an das Forum“ spricht so viele Themen an, deshalb einige kurze Kommentare:
Behavioral Finance – was bringt es dem Anleger?
Diese verhaltensorientierte Kapitalmarktforschung beschäftigt sich mit den (oft negativen) Einflüssen psychologischer Effekte auf das Entscheidungsverhalten.
Overconfidence (auch Overconfidence Bias) beschreibt ein übersteigertes Selbstvertrauen, welches sich in systematischer Selbstüberschätzung in Bezug auf eigenes Wissen ausdrückt. An den Märkten äußert sich das in übermäßiges Zutrauen in die eigenen Prognosefähigkeiten. Der Anleger glaubt, den Markt durch geschicktes Handels zu schlagen, ignoriert aber dabei, dass es an der Börse jede Menge Gegenspieler gibt, die auch nicht schlechter sind als er selbst.
Deshalb folgende Ratschläge bevor man sich bedankt:
1. Demut ist eine wichtige Eigenschaft für Anleger, gerade nach Investmenterfolgen.
2.Vorsicht vor Selbstüberschätzung. Die Anlage in Aktien ist mit Risiken verbunden. Aber die tatsächlichen Risiken werden verkannt und liegen woanders. Wer beschäftigt sich z. B. mit sich, wenn er durch einen Unfall oder eine Krankheit seine Arbeitskraft verliert und keine Berufsunfähigkeitsversicherung hat.
3. Und zum Schluss:
Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für den Verfasser des Artikels: Danksagung an das Forum.
Die gute:,, Sie werden in 15 Jahren Milliardär sein.“
Die schlechte:,, Alle anderen auch.“
Damian says
Ich stimme meinem „Vorschreiber“ zum Teil zu:
– Demut, grade nach einem erfolgreichen Jahr ist nicht schlecht. Ein bisschen Abstand schützt schon Mal vor schmerzhaften Verlusten.
– Ich glaube nicht, dass in 15 Jahren jeder Milliardär sein wird. Damit jeder Milliardär sein kann, müssten zuerst alle Schulden rasiert werden. Passiert doch bei den Amis nie im Leben. 😉 Da glaube ich eher, dass eine gewisse Anzahl der Bürger eher Millionenschulden drücken werden.
john says
mal sehen ob der dax die richtung beibehält,bin noch in shorts drin.hoffe mal er geht bis ende januar auf die 5100.oder es kommen noch entscheidende negative nachrichten,dann gehts schneller.richte mich nach wie vor an fundamentale daten und die sind einfach nur schlecht,obwohl schon zum grossen teil hochgezüchtet durch konjunkturprogramme.diskutiert wird im netz viel über den auftrag der regierung an eine firma in thüringen namens ruhlamat,welche gelddruckmaschinen herstellt.die bundesregierung hat dort 14 !!! stück geordert(der grösste auftrag der firmengeschichte),worauf viele eine inflation als ausgemachte sache sehen
JL says
Vielen Dank Boersentiger und auch ich hoffe Sie bleiben in 2010 weiter so aktiv und erfahrungsvermittelnd hier. Das gilt auch den Kommentatoren, dem Salz in der Suppe. Schoenes Neues Jahr 2010!
Börsentiger says
@Anonymous
Ganz richtig, Selbstüberschätzung ist ein echter Performance-Killer. Aber genau aus diesem Grunde beginne ich das neue Jahr mit einem praktisch zur Gänze abgesicherten Depot. Derzeit ist mir fast jede Bewegung Recht. Um die Lage wieder abschätzen zu können, muss ich abwarten, wohin die Masse läuft. Ich arbeite aber ständig an der Verbesserung meiner Indikatoren und hoffe bald durch neue Ideen die Trefferwahrscheinlichkeit weiter zu verbessern. Als Contrarian zu investieren hat absolut nichts mit Überheblichkeit zu tun, sondern mit der richtigen Einschätzung von massenpsychologischen Phänomenen. Es geht einzig und allein um mehr Treffer und nicht um die eigene Befindlichkeit und das ist ein großer Unterschied.
@ALLE
Bedanke mich für Feed Back und von mir ebenfalls die besten Wünsche für das neue Jahr.
john says
einkaufmanagerindex ist weit über erwartung,so richtig erfreut ist man erstmal nicht.könnte ja dazu führen zinden früher zu erhöhen oder gelder aus dem markt zu ziehen.mal sehen wer ob die bullen sich behaupten können….