Anlagestrategie P.T. Teil 3
Zuerst ein paar allgemeine Worte zur Anlagestrategie: Aus den vorherigen Ausführungen ergibt sich dass es beim Investieren nach Buffett nicht nur um den Kauf und Verkauf von Wertpapieren an der Börse geht, sondern es ist extrem hilfreich wie ein Unternehmen, Entrepeneur oder Geschäftsmann zu denken und zu handeln.
Zitat Buffett: “I am a better investor because I am a businessman, and a better businessman because I am an investor.”
Benjamin Graham: “Investing is most intelligent when it is most businesslike.”
Jetzt wie angekündigt Kategorie 2 der Anlagestrategie; Cash Cows, Value Buchwertspekulationen / Buffets frühe Jahre
Neben den hervorragenden und langfristig stabilen Unternehmen in Kategorie 1, wie Unilever, Coca Cola, Puma, Johnson&Johnson ist Kategorie 2 als konservativer Bodensatz des Depots mit geringem Rückschlagpotential angedacht. (Berliner Effektengesellschaftt, RCM Beteiligungen, teilweise Münchner Rück).
Diese Kategorie stützt sich vorwiegend auf Lehren Benjamin Grahams, dem Lehrer von Buffett und anderen Superinvestoren mit den Wurzeln an der Columbia Highschool. In Kategorie 2 stehen ganz klar die quantitativen Kriterien im Vordergrund. Ich versuche in dieser Kategorie Unternehmen zu finden, die nach vernünftigen Maßstäben unterbewertet sind. Die Anwendung findet dieser Ansatz bei fundamental unterbewerteten Aktien, deren Marktkapitalisierung unter oder sehr nach am inneren Wert liegt und/oder die ein sehr günstiges KGV haben (Schnäppchen).
Hier gilt das Motto: „Im Einkauf liegt der Gewinn!“
Darunter fallen unbeliebte Werte oder Werte die aufgrund einer neuen Situation (Verkauf einer Tochtergesellschaft, Auflösung von Rückstelllungen, Sonderausschüttung, Spin Off etc.) vor einer Neubewertung stehen. Auf jeden Fall Werte mit einem geringen Rückschlagpotential aber viel Luft nach oben. Konzentration dabei auf Nebenwerte, die nicht von Analysten und Banken verfolgt werden.
Grundsätzlich sind damit Aktienspekulationen gemeint, es können durchaus aber Not leidende Anleihen darunter fallen.
Die hinter dieser Säule stehende Idee heißt „Margin of Safety“ von Benjamin Graham:
“Margin of safety (safety margin) is the difference between the intrinsic value of a stock (i.e. value based on stock valuation and what the company is actually worth) and the price that the market sets on a stock (i.e. stock price is a matter of market participants‘ opinions and is different from the intrinsic value).”
Ein hervorragender Artikel zur Einstimmung zum Value Investing von Buffett selbst (1984)
http://www1.gsb.columbia.edu/valueinvesting/research/
public_archives/DOC032.PDF“
Die Lektüre von Benjamin Grahmans „Intelligent Investor“ sei ebenfalls angeraten um diesen Teilbereich der Anlagestrategie zu ergänzen.
Immer wieder gibt es, besonders im Small Cap Segment Unternehmen, die nicht von Analysten beobachtet werden und signifikant unterbewertet sind. Der Markt ist an dieser Stelle nicht effizient. So können die Schwankungen und Launen des Marktes, der manches Unternehmen liegengelasse bzw. vergessen hat oder nicht mehr leiden kann ausgenutzt werden. Buffett hat in frühen Jahren viel Geld mit dieser Art von Aktien gemacht. Das schöne war, dass wenn die Aktie nicht angesprungen ist, solange kaufen konnte, bis er die Mehrheit hatte und dann selbst Änderungen zur Wertschöpfung herbeiführen konnte.
Mit zunehmendem Kapital konnte Buffett diese Strategie nicht mehr fahren, alleine weil es schier unmöglich ist in eine illiquide kleine Aktie große Summen von Kapital anzulegen.
Heute gibt es im Nebenwertesegment bis 100 Millionen Euro Marktkapitalisierung genug Firmen die von keinem Fonds angefasst werden und von Banken nicht beobachtet werden, da sie schlicht und einfach zu klein sind. Dies ist ein echter Vorteil für uns Privatanleger, da die Konkurrenz kleiner ist. Außerdem kriegt man auch schnell man einen Vorstand ans Telefon, was bei DAX Unternehmen ans unmögliche grenzt ist.
In diesem Segment suche ich vorwiegend nach günstigen Unternehmen.
Wo liegen die Unterschiede zu Kategorie 1)?
Im besten Fall ist ein Kategorie 1 Unternehmen ebenfalls unterbewertet.
Ich unterscheide aber ganz klar im Zeithorizont. Unternehmen in Kategorie 1 sind handverlesene erstklassige Unternehmen, die langfristig gehalten werden.
In Kategorie 2 geht es um eine Unterbewertung die sich im Zeitverlauf auflösen sollte. Die Haltedauer ist zeitlich begrenzt. Bei Erreichen des fairen Wertes sollte in der Regel verkauft werden, es sei denn es weist die unter Kategorie 1) genannten qualitativen Eigenschaften auf.
Auch bei der Bewertung ist der Schwerpunkt ein anderer. Hier zählt meist der Buchwert. Zu beachten ist, dass der Buchwert nicht unbedingt und immer etwas mit dem inneren Wert zu tun hat. Es gibt nicht bilanzierte Risiken und natürlich auch nicht bilanzierte Reserven. Hier muss man zu weit in die Tiefen der Bilanzierung reingehen. Dazu fehlt an dieser Stelle die Zeit. Ich versuche nach gesundem Menschenverstand zu beurteilen, wie viel das Unternehmen wert ist.
Z. B könnte man sich fragen was ein anderes Unternehmen für diese Firma zahlen würde. Wie viel ist der Umsatz zur Marktkapitalisierung wert? Wie viel sind Unternehmen dieser Branche wert und wie viel würden Sie für den Umsatz oder für die Kunden, bzw. Rechte, Marken, Patente, Maschinen zahlen?
Interessant ist auch der Zerschlagungswert, also was sind die einzelnen Anlagen der Firma Wert sind, wenn ich sie schrittweise verkaufe.
Bei Beteiligungsgesellschaften rechne ich mir die Summe der einzelnen Tochtergesellschaften / bzw. Beteiligungen aus, also ist die Summe aller Teile mehr wert als die Marktkapitalisierung?
Der wichtigste Faktor ist bei den Buchwertspekulationen die Zeit. Die ausgewählten Werte haben aufgrund ihrer niedrigen Bewertung meist wenig Rückschlagpotential. Im Laufe der Zeit gleicht sich entweder die Bewertung dem inneren Wert an und die Aktie steigt. oder der innere Wert gleicht sich der Aktienbewertung an. Letzteres wollen wir unbedingt vermeiden. Oft sind die Werte langweilig und bleiben es auch, so dass die Bewertung für lange Zeit niedrig bleibt. Deshalb sollten diese Spekulationen zeitlich begrenzt sein. Habe ich ein Unternehmen dass 20% unterbewertet ist und die Aktie steigt innerhalb eines Jahres um 20% habe ich mein Ziel erreicht. Braucht sie aber zwei Jahre oder mehr fällt die Jahresrendite rapide ab.
Nehmen wir ein Negativbeispiel. Anfang 2005 wurde ich auf die Hucke AG (Textilunternehmen mit den Marken Venice Beach, Bush, Whoppy, etc.) aufmerksam. Durch einen außerplanmäßigen Verkauf des Anlagevermögens verfügte die Hucke AG über hohe liquide Mittel, die die Marktkapitalisierung weit überstiegen. Das Unternehmen schien dramatisch unterbewertet. Das Kerngeschäft lief nicht so rund, doch der Vorstand kündigte den Turnaround an. Mir kam die Überlegung wenn ein Investor Hucke komplett übernehmen würde, könnte er die Kasse plündern, damit seinen Kaufpreis bezahlen und bekäme das Unternehmen praktisch umsonst. Auch wenn das Geschäft nicht so lief, könnte man Grundstücke, Gebäude verkaufen, die Firma schließen und einen riesen Gewinn einfahren. Eine andere Alternative wäre eine Sonderausschüttung. Die Firma schüttet ihre liquiden Mittel einfach an die Aktiönäre aus.
Ich kaufte Aktien von Hucke, denn bei dem Cashbestand konnte ja nicht viel schief gehen… Dann hatte ich kurz nach Kauf ein längeres Telefonat mit der Abteilung Investor Relations. Diese Telefonate haben mir eine Menge Verlust erspart, nicht nur bei der Hucke. Ich traf auf extrem inkompetente und unflexible Mitarbeiter. Meine Forderung nach einer Sonderausschüttung wurde damit abgetan, dass das Geld für die Vorfinanzierung von Modekollektionen gebraucht werde. Auch wenn das Kerngeschäft Verluste machte wurde weiter darauf beharrt und weiteres Geld in unprofitable Bereiche gesteckt. Mir wurde langsam klar, dass sie ihre gesamten Mittel nach und nach verbrennen würden und ich verkaufte die Aktie so schnell ich konnte. Vor zwei Wochen am 17.11. hat Hucke Insolvenz angemeldet. Glück für mich einen so ehrlichen Mitarbeiter ans Telefon zu bekommen.
Das Beispiel soll zeigen, dass auch wenn die Zahlen bestechend klingen, qualitative Indikatoren nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.
Buffett hat in seinen frühen Jahren hauptsächlich solche Buchwertspekulationen gemacht (nur ungleich erfolgreicher), bis er irgendwann entdeckt hat, dass manche Unternehmen langfristig einfach kein Geld verdienen können (z.B. sein Textilunternehmen Berkshire Hathaway, welche er aus diesen Anfängen zur jetzigen Holding umgebaut hat). Er ist zum Schluss gekommen: It’s far better to buy a wonderful company at a fair price than a fair company at a wonderful price.“ Trotzdem kann man mit dieser Kategorie mit vergleichsweise wenig Risiko Geld machen, wenn man einen günstigen Kaufpreis erwisch
Mit den Preisen verhält es sich folgendermaßen:
„Graham sagte, man solle sich vorstellen, dass die Marktpreise von einem bemerkenswert entgegenkommenden Burschen namens Mr. Market kommen. Mr. Market erscheint unfehlbar jeden Tag und nennt einen Preis (Kurs), zu dem er bereit ist, entweder Ihren Anteil zu kaufen oder Ihnen seinen Anteil zu verkaufen. Manchmal fühlt er sich euphorisch und kann nur die günstigen Faktoren sehen, die Ihr Unternehmen beeinflussen. Wenn er in dieser Stimmung ist, nennt er einen sehr hohen Kauf-Verkaufs-Preis, weil er befürchtet, dass Sie ihm seinen Anteil wegschnappen und ihn der bevorstehenden Gewinne berauben. Zu anderen Zeiten ist er deprimiert und kann nichts als schwere Zeiten auf das Unternehmen und die Welt zukommen sehen. In diesem Fall wird er einen sehr niedrigen Preis nennen, weil er Angst hat, dass Sie Ihre Anteile auf ihn abladen.“
An Tagen der Angst oder wenn das Unternehmen zu einem günstigen Preis zu haben ist, sollte gekauft werden. In der Euphorie ein entsprechender Verkauf.
Zurück zum Zeitfaktor: Die Bewertung muss günstig sein und es muss ein Katalysator in Sicht sein, der die Bewertung in absehbarer Zeit nach oben treibt!
Bei der Münchner Rück treffen die Prinzipien in Teilen zu. Das Kursbuchwertverhältnis und das KGV sind günstig, allerdings wird die Münchner Rück nicht mit einem Abschlag auf den Buchwert gehandelt wie das 2003 der Fall war. Auch ist der Wert nicht ganz so unbekannt 😉 Wir haben also keine echte Buchwertspekulation. Allerdings sind die qualitativen Indikatoren besser als in 2003 und die Branche ist in Verruf also unbeliebt.
Katalysatoren, die die Bewertung ändern können sind folgende: 1. Höher als erwartete Gewinne durch ausbleibende Hurricane Schäden (das war der Hauptkatalysator als Kaufgrund in meinem eigenen Depot Ende August). 2. Das erste Aktienrückkaufprogramm in der Geschichte (es verringert die Marktkapitalisierung und somit sinkt das KBV und das KGV weiter ;-). 3. Die Bewertung anderer Dax Unternehmen liegt weit höher, also Chance zur Angleichung. Wenn das Aktienrückkaufprogramm durch ist und Anfang nächsten Jahres, die Zahlen für 2006 veröffentlicht werden, sollte der Preis der Münchner Rück höher liegen. Wenn nicht ist eine Überprüfung der Ausgangsbedingungen notwendig.
Für die Berliner Effektengesellschaft haben wir eine etwas andere Situation. Die Gesellschaft macht im Kerngeschäft keine Verluste (verbrennt also kein Geld wie Hucke), aber auch keine riesen Gewinne. Interessant sind die kürzlich an die Börse gebrachten Tochtergesellschaften Quirin Bank und Tradegate. Hier ist eine große Margin of Safety anzutreffen. Ein typisches Beispiel für ein Value Investment.
Der Wert der Beteiligungen übersteigt den Wert, den der Berliner Effektengesellschaft an der Börse zugemessen wird.
So liegt der veröffentliche Net Asset Value bei 11,90 EUR pro Aktie.
Die Zeit wird zeigen, ob und wann die Unterbewertung abgebaut wird. Die nächsten 6 Monate werden es zeigen.
Zusammengefasste Kriterien für Kategorie 2:
– Wert liegt nicht im Fokus des Anlegerinteresses
– Marktwert liegt unter oder nah am Buchwert
– günstiges KGV, KUV
– absehbar, dass sich die Bewertung ändert.
PS:
Zum weiterlesen zu Mr. Market aus einem jährlichen Buffett Letter:
http://www.sandmansplace.com/Mr_Market.html
Nochmal PS:
Ein anderer Schüler von Benjamin Graham ist übrigens der heute 90 jährige Walter Schloss, der allein mit der mechanischen quantitativen Aktienauswahl ein Vermögen gemacht hat.
„During its 47-year lifetime, Walter J. Schloss Associates generated in excess of 20% gross annualized returns and netted to its partners more than 15% per year, while the S&P 500 gained slightly more than 10%. An investor with $100,000 in the S&P 500 from January 1, 1956, to December 31, 2002, would have made $9.3 million. That same $100,000 invested in the Schloss partnership would have generated over $78 million.“
Scroller says
Text zu lang – soviel Zeit zum lesen hab ich leider nicht. Junge Du bist ja super – aber machs doch bitte kürzer.
OKAY says
Geht mir auch so, was zuerst zu wenig war kommt jetzt zu viel. Vielleicht wäre genau die Mitte das Richtige.
Weitermachen aber bitte mehr zusammenfassen! Danke
U.M. says
Ja bitte… jetzt noch eine Kurzversion – Ansonsten hat die Börse geschlossen, bis ich das fertig gelesen habe 😉