In April 2008 gab es in den USA fast 250 Tausend Anträge auf eine Zwangsversteigerung. Diese Zahl lässt sich leicht auf das Jahr hochrechnen und ins Verhältnis zu den 300 Millionen USA Anwohner bringen. Wahrscheinlich fast 3 Millionen Haushalte werden in diesem Jahr auf der Straße landen. Im Vergleich, im gesamten Jahr 2007 gab es in Deutschland, mit etwa 80 Millionen Einwohner, laut dem www.zwangsversteigerung.de/Statistik Portal ca. 56 Tausend Zwangsversteigerungsfälle.
Vor etwa zwei Jahren, auf unserer damals eigenen Passivhaus Webseite, schrieb ich folgendes:
„Banken werben für neue Kredite, auch auf bereits abbezahlte Häuser, die mittels Hypotheken abgesichert werden. Wie sie erklären, kannst du auf diesem Weg am günstigsten ein Darlehen für deine bis jetzt unerreichten Wünsche bekommen. Ein netter Versuch, nur wegen einer neuen Kutsche an dein wertvollstes Pfand zu kommen. Beim Notar wird anerkannt, dass die Schuld beim Nichtbedienen über sofortige Verwertung, sprich in der Regel Zwangsversteigerung, abbezahlt wird. Und die Zahlen der Termine bei den Amtsgerichten beweisen, dass davon reger Gebrauch gemacht wird, sobald keine Chance mehr besteht, dass du den Verbindlichkeiten nachkommst. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Termine rapide gestiegen, die Sitten in Zeiten der Globalisierung werden rauer. An die 50.000 Objekte tummeln sich auf den Amtsgerichten und geben gutes Brot den Rechtspflegern und Gutachtern. Wann es so weit ist, liegt im Ermessen der Bank, behaupten sie jedenfalls. Da das Zwangsversteigerungsgesetz, mit unwesentlichen Änderungen aus dem neunzehnten Jahrhundert stammt, würden wir dem fast Glauben schenken. Liebe Bundesjustizministerin, wäre es nicht an der Zeit, zwei Jahrhunderte später, die Lasten zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner gerechter zu verteilen und dem Gesetz mehr Menschlichkeitszüge zu spendieren? Warum? Wenn du mal nach einem langen Baukampf eingezogen bist, hier ein paar Kinder bekommst, einige Jährchen drin wohnst, fast jeden freien Euro investiert, dann wird aus dem Haus mehr als nur ein materieller Wert. Es wird zu deinem Lebensmittelpunkt. Und erst dann bist du in der Lage, die Tragödie zu begreifen, die ein Individuum durchläuft, wenn sein Haus versteigert und er durch einen Gerichtsvollzieher in Polizeibegleitung gezwungen wird, auszuziehen. Und hier endet die Misere nicht mal. Obwohl der Schuldner heimlos am Boden liegt, wird er weiter getreten. Die Bank lässt das Gehalt pfänden oder kassiert die Lebensversicherungen, die eigentlich als Altersvorsorge gedacht waren, so dass die einzige Möglichkeit für den Schuldner in der Privatinsolvenz bestünde. Nach mehreren Jahren am Existenzminimum, wo jeder Euro extra an die Gläubiger geht, darf er abschließend, im Rentenalter, bei Null anfangen. Erstklassig! Spitze! Echte Motivation! Wäre es da nicht einfacher die Deutschen Banken ein paar Milliarden abschreiben zu lassen?
Freilich ist diese, wie beinahe alle Erfahrungen, ganz und gar nicht zu verschenken. Es scheint, als müsste einer sie selbst erfahren, um zu verinnerlichen, wonach diese lange Predigt trachtet…“
Zugegeben, mir war damals nicht klar, dass ich diese Worte eigentlich auf Englisch schreiben sollte. Auch wenn jede Zwangsversteigerung hierzulande zu viele ist, so leben wir in Deutschland, zumindest was die nähere Zukunft betrifft, auf einem in dieser Hinsicht ruhigem Boden. Wie viel Trauma jedoch die Amis erleben bzw. in naher Zukunft erleben werden, scheint erst langsam in ihre Köpfe zu kommen. Als Beispiel ein Artikel aus „The New York Times“ vom Bob Shiller, einem, dem ich Expertise in diesem Bereich durchaus zutraue.
Leider, leider, einige, der Europäischen Länder warten bereits in der Schlange…
Die Milliarden der Banken und sonstiger Hedgefonds sind relativ bald abgeschrieben und in wenigen Jahren wird kaum Einer darüber sprechen. Die große Zahl der Zwangsversteigerungen, sollten keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden, bleiben jedoch in der gemeinschaftlichen Volkserinnerung der US Bürger für lange Zeit erhalten und werden zusammen mit den Erinnerungen an die Jahre 2000-2002, zumindest für die betroffene Generation, einen immensen Einfluss auf das Investitionsverhalten ausüben.
Übrigens: ich habe unsere Erinnerungen an die Bauphase in eine PDF Datei gepackt. 250 Seiten Schrift mit ca. 500 Bildern und Grafiken. Wenn jemand ernsthaft Lust verspürt dies zu lesen, sei es, weil er ebenfalls ein Passivhaus (1 Liter Haus) bauen möchte, sei es, weil er sehen möchte wie sich zwei Verrückte anstrengen, bitte unter baubuch(at)angst-und-gier.de kurz anmailen. Es ist gratis, aber hoffentlich nicht umsonst. 😉
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Ich habe im Mai meinem virtuellen Depot weitere 500€ virtuelle Ersparnisse hinzugefügt. Es sind jetzt fast 6000€ Cash drin und ich hoffe bald eine neue Transaktion durchführen zu können. Was? Eine Überraschung natürlich. JL, nix ShortDAX ETF 😉
Heimwerker says
Volcker zur Finanz-/Wirtschaftskrise(n) und der Aufgabe einer Notenbank: http://www.youtube.com/watch?v=TBpKEdDQaaU
Zur Person:
http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Volcker
http://en.wikipedia.org/wiki/Paul_Volcker
Gert Schmidt says
Wie wäre es mit Kaffee fürs Depot?
Der Trend Indikator zeigt aufwärts und aus charttechnischer Sicht baute sich Ausbruchpotenzial auf.
Gert Schmidt says
@Heimwerker
Herzlichen Dank für den interessanten Link. Können Sie zwei, drei Argumente von Volker kurz auf deutsch zusammenfassen? Leser, die die Rede nicht verstehen können – dazu gehöre ich auch – werden es Ihnen danken. 😉
Damian says
Wenn ich ehrlich sein sollte, dachte ich nach den Berichten über die Reispreis Unruhen in den Entwicklungsländer, ob ich mein virtuelles RICI ETF nicht glatt stellen sollte. Ich werde es aus dem Grund nicht tun, weil das Depot nur virtuell ist und somit keinen direkten Einfluss auf die Lebensmittelpreise hat. Ich werde mir aber gründlich überlegen, ob ich mit meinem privaten, realen Geld auf Lebensmittelpreise spekulieren sollte. Zumindest bei den Grundnahrungsmittel tendiere ich stark zur Zurückhaltung.
Damian says
In Vertretung 😉 ganz kurz zu Volcker:
Ökonomisches Problem: USA lebten über ihren Verhältnissen
Komplexität: Banken haben sich blamiert und brauchen mehr Überwachung
Mehr dazu:
jec.senate.gov/index.cfm?FuseAction=Hearings.HearingsCalendar&ContentRecord_id=e3157fd3-c2bf-abf6-0184-fdce57f3c7b4
Gert Schmidt says
Der Kursanstieg bei Rohstoffen wurde nicht von Spekulanten (und Fonds, Zertifikaten etc) verursacht, sondern hat miteinander vernetzte, vielschichtige Ursachen, z.B. die Agrarpolitik der Europäischen Union, die Finanzpolitik der US Notenbank, die Hypothekenkrise.
Würde der Börsenhandel mit Agrarprodukten sofort eingestellt, müssten Sie wahrscheinlich bei Ihrem täglichen Einkauf mit deutlich höheren Preisen rechnen.
Um die hohen Rohstoffpreise zu senken, sind andere Maßnahmen erforderlich, z.B. angefangen beim Konsumverzicht mit autofreien Sonntagen und der Verzicht von „billig-Einkäufen“ oder bei einer energiesparenden Lebensweise.
Es entstünde eine lange Liste, würde man die Wechselbeziehungen steigender Rohstoffpreise komplett aufzählen.
Mit Ihrem Ein-Liter-Haus haben Sie einen wertvollen Beitrag geleistet.
Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, an solchen Dingen zu arbeiten. Leider haben unsere Regierungen anderes im Sinn, als an dieser Problematik zu werkeln. Zum Teil fehlt auch das Verständnis für die Zusammenhänge.
Man müsste dafür die Fakten zusammentragen, um sich eine umfassende Meinung bilden zu können. Sonst besteht die Gefahr der „einfachen Antworten“ auf das Problem, die nur selten richtig sind – und dazu gehört auch der moralische Zeigefinger, der auf „die Spekulanten“ verweist.
Heimwerker says
Zu dem verlinkten Video und den gemachten Aussagen von Volcker:
– USA befinden sich in erster Linie in einem oekonomischen Ungleichgewicht und zweitranging in einer Finanzkrise
– Transparenz ist in einem so hochkomplexen Finanzsystem wie es derzeit vorherrscht mehr als schwierig
– es ist hoch flexibel und sehr schnell bei den Ausgaben, Problem ist jedoch die Bewertung von Risiken
– Risiken werden vernachlaessigt weil Uebertragung einfach und schnell mgl.
– dieses Finanzsystem hat versagt
– Verflechtung von Investmentbanken und Geschaeftsbanken
– Sollte eine Zentralbank ein Backup-System fuer irgendeinen Sektor des Marktes sein? Nein!
– Unabhaengigkeit der Zentralbank wird fraglich
– Wenn alles gut laeuft wird nach dem Abbau von Regulierung geschriehen und wenn es schlecht laeuft wird mehr Regulierung angemahnt (Bei uns heisst das „Gewinne privatisieren und Verluste verstaatlichen“)
– Bewertung von Hypotheken/Pfandbriefen hat versagt
– Kreditmarkt ist ein internationaler Markt bei dem eine Zusammenarbeit noetig ist
– internationale Regulierung wird ein langer aber wichtiger Prozess
Die derzeitige Entwicklung, welche wir an den Boersen sehen ist lediglich die Folge des gravierenden Eingriffs der Zentralbanken. Man hat um den Bremsschlauch Tesa gewickelt, aber nur um an der Werkstatt vorbeifahren zu koennen.
Damian says
Gert Schmidt schreibt: Mit Ihrem Ein-Liter-Haus haben Sie einen wertvollen Beitrag geleistet.
Genauso dachte ich auch, bevor wir mit dem Bau angefangen haben. Heute weis ich, dass nicht ein Neubau eines Ein-Liter-Hauses richtig wäre, sondern eine Grundsanierung, die ein altes Bestandshaus auf ein Ein-Liter-Haus „updatet“.
Eine ökologisch sinnvolle Hausberechnung, muss folgende Gleichung beinhalten:
– die totale laufend gebrauchte Primärenergie pro Jahr, etwa für Heizung, Warmwasser, Geräte usw.
– plus die Primärenergie, die nötig ist um das Haus herzustellen, zu unterhalten und zu entsorgen, dividiert durch die Langlebigkeit der Konstruktion in Jahren.
Bei Betrachtung dieser jährlichen Kalkulation wäre das Fördergeld für die neuen Passivhäuser besser in die Sanierung bestehenden Gebäuden angelegt. Statt auf der grünen Wiese ein Haus zu fördern, das immer einen Angriff in die Natur darstellt, wäre eine Bestandssanierung umweltschonender und somit viel wünschenswerter. Neue Häuser brauchen nicht gefördert zu werden, alleine ein paar Restriktionen ausschließlich zum Primärenergiebedarf mit steuerlichem Vorrang der regenerativen, sprich nachwachsbaren Energieträger genügen vollkommen. Der Wunsch vieler Passivhausbauer „der Umwelt etwas Gutes zu tun“ wäre damit sicherlich besser erfüllt und das Kioto Protokoll nicht weniger erreicht.
Gert Schmidt says
Das kann ich mir auch gut vorstellen: Die Herstellungsenergie bei Neubauten ist größer als die Sanierung von altem Bestand – Stichwort „graue Energie“.
Das dürfte auch auf andere Produkte übertragbar sein, z.B. bei PKW. Mich würde interessieren, ob die Ökobilanz eines Neuwagens mit niedrigem Verbrauch wirklich so gut ist, wie uns Regierung und Autoindustrie erzählen möchte.
Unser Preisgefüge würde wahrscheinlich durcheinandergeraten, wenn z.B. die Elektroindustrie ihre Preise nach einer Ökobilanz festlegen müsste oder die Schadstoffbelastung der Natur durch herkömmlich produzierte Baumwolle einen Preis hätte.
Dann wäre z..B. Bettwäsche aus China unerschwinglich teuer und die Textilien der Stoffkontor Kranz AG wären zum Schnäppchenpreis zu bekommen.
Heimwerker says
Denken Sie doch nur an Zwiebeln, Kartoffeln, Fleisch usw. aus Neuseeland. Wohlbemerkt Angebote von Discountern wie Aldi und nicht aus Spezialgeschaeften. Die heimische Ware liegt oft fuer 10-20% teurer daneben.
Gert Schmidt says
… Bioprodukte aus China sind auch spannend …
Jutta says
eine Bedrohung die auch unsere Häuser zerstören könnte, baut sich real auf.
Militärgeheimdienstchef Yadlin zu den Bedrohungen Israels. Newsletter der israelischen Botschaft Berlin:
http://www.juedische.at/TCgi/_v2/TCgi.cgi?target=home&Param_Kat=3&Param_RB=5&Param_Red=9884
Gert Schmidt says
Tja, bei solchen Argumenten läuft es einem kalt den Rücken herab.
Allerdings scheint die Börse Tel-Aviv mit dem Risiko vergleichsweise gelassen umzugehen: Sie bewegt sich im Konzert der großen Weltbörsen:
http://www.tase.co.il/TASEEng/MarketData/Indices/MarketCap/IndexGraph.htm?IndexID=142&Action=1&addTab=&intPeriod=7&intFrequency1=0&strFromDate=20@02@2008&strToDate=20@05@2008&IsYield=False&IsDollar=False
Wie schön wäre die Welt, wenn es solches Säbelrasseln nicht gäbe!
Heimwerker says
Eine Bedrohung so real wie die durch Saddams Atomraketen kurz vor Beginn des 1. Golfkrieges? Fuer den 2. mussten dann Bio-Waffen herhalten, weil viel zu gut beurteilt werden konnte, das Atomwaffen nicht vorhanden sind, in einem zerstoerten und von schweren Wirtschaftssanktionen ausgehungerten und verarmten Land.
Aber ein Schelm wer boeses dabei denkt, wenn Isreal den Gazastreifen (mit Tausenden von Menschen) „hermetisch“ abriegelt. Neues Land besetzt und Siedlungen errichtet um „Tatsachen“ zu schaffen.
Eine kritische Ausseinandersetzung wird dann zumeist mit Totschlagargumenten des Schicksals der Juden in Europa und dem Nahen Osten unmoeglich gemacht. Man kann sich dann nur noch aussuchen ob man dann den Nazi dabei spielen moechte oder den Islamisten.
So lange ein Land wie Pakistan und Indien ueber Atomwaffen verfuegen, die Vereinigten Staaten die Ressourcen/Freiheit souveraener Staaten „verteidigt“, und der Rest der „zivilisierten“ Welt Guantanamo und Interrogation Camps der CIA in Polen/Aethiopien/etc. ertraegt, sollte man sich den Gefallen tun und seinen gesunden Menschenverstand pflegen.
Anmerkung:
Bitte keine politische Diskussion beginnen. Andere Diskussionsplattformen eignen sich besser dafür.
gez. Gert Schmidt
JL says
Gutes Resume, Heimwerker 😉 Aber Angst machts trotzdem…. und das war wohl das Hauptanliegen dieses Presse-Artikels.