Mit dem gestrigen Marktschluss in New York gibt Herberts Sentimentchart mit Datenpunkt -4 ein mittleres Kaufsignal. Aus seiner Gewichtung von einem Dutzend beobachtbarer Geldbewegungen ragt intuitiv plausibel u. a. ein Indikator hervor: die „odd lotter“ (kleine Aufträge unter 100 Aktien pro Transaktion) haben sich gestern im Marktverlauf wieder davon überzeugt , dass es zur Zeit nur noch nach unten gehen kann und mit Shorts das meiste Geld zu verdienen sei. („The Great Humiliator“, denke ich, hat hier wieder böse und arglistige Überzeugungsarbeit geleistet.)
Intuitiv plausibel spricht für eher steigende als fallende Kurse auch, dass a) die erwartete schlechte Nachricht über die zwei Bear Stearns Hedge Fonds (Milliarden wertlos in den Sand gesetzt) mit Brief und Siegel gestern heraus kam und dass b) Fed Chairman Bernanke vor dem Kongreß gesagt hat, dass die Zentralbank in Not geratene Hedge Fonds – anders als damals bei der Pleite von LTCM, als der Dax vorübergehend in einer großen Kaufgelegenheit um 40% abstürzte – nicht retten würde. Der Markt ist nach diesem offiziellen Einziehen der Rettungsleinen weg von den „liederlichen Krediten“ (siehe dazu ein früheres Posting von Gert Schmidt über das schonungslose Verdikt des ehemaligen US Finanzministers Rubin) nicht dramatisch eingebrochen. Er hat sogar mit einem sehr langen Docht der Tageskerze das Eröffnunsgap schon fast wieder geschlossen. Deshalb gilt heute die oft bewährte Faustregel: Ausbleiben von Abgabedruck bei sehr schlechten Nachrichten ist ein Kaufsignal.
Wenn ich bei diesem Rücksetzer nun in meinem persönlichen Depot long gehe, ohne allerdings mehr als eine Urlaubsreise zu riskieren, unterstützt mein mulmiges Gefühl in der Magengrube eine nicht unwahrscheinliche Kursexplosion. Aber das ist eine andere Geschichte, die nichts mit der Sentimentmessung und dem „I trade what I see“ zu tun hat.
Jutta says
Herbert, es ist schon schwer das Richtige zu tun und seine Linie zu finden.
Heute und morgen falls nicht gravierende Meldungen hereinbrechen, wird der Verfallstermin am Freitag den Dax Verlauf prägen.
Allerdings gebe ich Ihnen Recht, um möglichst Viele auf dem falschen Fuß zu erwischen, traue ich den Bullen auch zu den Dax hochzujubeln.
Gert Schmidt, Trend Gedanken Herausgeber, Moving Markets Depot says
Es kann auch ein Zeichen von zu viel Optimismus sein, wenn der Markt (noch) nicht auf schlechte Nachrichten reagiert. Möglicherweise haben die Marktteilnehmer den Ernst der Situation noch nicht erkannt.
Kann mir gut vorstellen, dass vorübergehend eine Art „Feuerpause“ herrscht, in der die Research-Abteilungen beauftragt werden, die Situation neu zu beurteilen, Chancen und Risiken abzuwägen.
Liegen neue Risiken vor, muss die Aktienquote gesenkt werden. Das braucht ein paar Tage oder sogar Wochen, denn niemand will die hohen Aktienkurse kaputt machen.
Nur: Jede Gegenbewegung nach oben wird dann für Verkäufe genutzt.
Aber das ist natürlich nur ein Verdacht, den ich aus den Indikatoren und der Marktbeurteilung ableite.
Verdacht = über den Grad einer Vermutung hinaus gehend und anhand von Indizien belegbar
Genau wissen werden wir es erst hinterher. Der Markt selbst wird über die aufgestellten Thesen richten.