Schon Montag wurde das berühmte Morgan Stanley Verkaufssignal an die Klienten der Bank ausgegeben. Doch erst am Mittwoch morgen nahm die Finanzpresse davon Notiz (Vgl. Businessweek):
The note, which was released June 4 but didn’t seem to attract the market’s attention until June 6, helped spark a big sell-off during the European session.European media were a bit late to the party, but they jumped in head first Wednesday as the „Full House“ note circulated more widely. „Morgan Stanley has advised clients to slash exposure to the stock market after its three key warning indicators began flashing a ‚Full House‘ sell signal for the first time since the dotcom bust“ wrote London’s Daily Telegraph on June 6.)
Noch am Montag abend tummelten sich die durch unseren Sentiment-Index gemessenen Geldbewegungen in New York, die für uns normale Sterbliche immer erst nach Marktschluss erkennbar werden, fröhlich im bullischen Bereich trendfolgender Momentumsgewissheit. Bereits einen Tag später, am Dienstag abend, waren diese Geldbewegungen dann aber schon stark nach Süden auf „sehr bärisch“ umgeschwenkt. Herberts Sentimenttheorie zufolge ist – anders als der conventional wisdom annimmt – bärisches Sentiment so lange ein Vorbote fallender Kurse bis es ein bärisches Extrem erreicht. Erst beim Eintauchen in einen Extrembereich wird bärisches/bullisches Sentiment zu einem Kontraindikator. Wir maßen aber diesem Umkippen des Sentiment ins Bärische, das uns nach Marktschluss am Dienstag bekannt wurde, bei der Eröffnung am Mittwoch keine besondere Bedeutung bei, weil das volatile „end of day sentiment eod“ (siehe http://www.lemmingesindnieallein.de/sentiment/snt_methoden.html) in der Regel so starken Tagesschwankungen unterliegt, dass ein mechanisches Befolgen der mittelfristig konzipierten Signale auch für kurzfristiges Trading unterm Strich nur den Spruch bewahrheiten könnte „Hin und Her macht Taschen leer“. Doch diesmal erwies sich die Klimaveränderung in den New Yorker Geldbewegungen im Nachhinein, wo wir immer alle klüger sind, doch als ein ominöser Vorbote. Denn am Mittwoch morgen brach dann die Hölle einer dreitägigen erbarmungslosen Verkaufswelle los. Schrammen bleiben.
Doch am Mittwoch abend funkten nur 4 der 13 „end of day“ Indikatoren klare Verkaufstätigkeit. Die übrigen 9 der 13 Indikatoren blieben neutral. Deshalb diagnostizierten wir bei den echten Geldbewegungen noch Neutralität bzw. Unsicherheit. Also Mittwoch ziemlich bärisch ohne „certainty“ (siehe auch zu dieser Variable Herberts Methodenerläuterung). Ganz anders dann am Donnerstag abend: noch mehr
Bären; und am Donnerstag war plötzlich auch die Gewissheit, dass die eingesetzte Korrektur noch viel weiter gehen würde, auf ein selten gesehenes Rekordniveau nach dem Motto hochgeschnellt: shorten was das Zeug hält. Dies ist nach unserer Sentimenttheorie in der Regel eher häufiger als nicht das Signal für einen Kauf. Das Kaufsignal, das mit der Stärke 6 auf Herberts Skala ausgewiesen ist (siehe
http://www.lemmingesindnieallein.de/sentiment/snt_charts.html), darf aber nur als „mittleres Signal“ bewertet werden. Ein „großes“ Signal entsteht nach der Sentimenttheorie nur dann, wenn a) das volatile end of day sentiment und wenn b) auch das langsam laufende end of week sentiment, das auf davon unabhängigen Indikatoren aufbaut, ein bärisches Extrem erreichen, und wenn c) auch die „certainty“ dieser neu zurückgekehrten Bären hoch ist. Donnerstag waren nur a) und c) gegeben, aber b) fehlte. Auch die neue „end of week“ Messung, die mit den Daten vom Freitag möglich wurde, ergab noch schiere Neutralität. Also noch kein
Kongruenzsignal, das für eine größere Long Position erforderlich erscheint. Daher nur eine kleine Position long im Musterdepot und in unseren persönlichen Depots.
Leider wurde durch die heftige Korrektur, die die Indices unter das letzte Wellentief vom 30. Mai führte, eine vielversprechende Annahme von Herberts Sentimenttheorie widerlegt. Wir dürfen nun nicht mehr annehmen, dass das Momentum eines durch ein Kongruenzsignal „Kauf“ richtig vorausgesagten Aufwärtstrends (Signal vom 13. – 15. März) so lange intakt bleibt, bis es zu einem Kongruenzsignal „Verkauf“ kommt. Der Trendbruch der letzten Woche, von dem wir nur mit der Sentimenttheorie nicht sagen können, ob er eine Zwischen-Korrektur oder der Beginn einer Baisse ist, geschah, ohne dass das langsam laufende „end of week“ sentiment einen überkauften Wert im bullischen Extrembereich gestreift hatte.
Das vorsichtige „mittlere“ end of day Kaufsignal vom Donnerstag hat sich Freitag wieder neutralisiert. Der mit ruhiger Hand, aber bangem Herzen georderte Dax Call müsste also wegen seines hohen Hebels aufgrund seiner kurzen Laufzeit sehr rasch realisiert werden, sollte uns ein Börsengott günstig gesinnt bleiben.
Nächste Woche wird Herbert von Dienstag bis Samstag offline sein, weil er seine Frau als mitreisender Ehemann (in einem fairen Tausch der Geschlechterrollen) zu einem Kongress nach Barcelona begleitet.